Bottrop. Im Bottroper Süden werden Zielwerte für krebserregende Schadstoffe überschritten. Die erbetene Krebsstudie hält das Land jedoch für zwecklos.

Das Land wird keine Untersuchung darüber vornehmen lassen, welche gesundheitlichen Auswirkungen der Ausstoß von krebserregenden Schadstoffen wie Benzo(a)pyren auf die Anwohner im Umkreis der Kokerei Prosper hat. NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser wies in einem Schreiben an Oberbürgermeister Bernd Tischler darauf hin, dass es derzeit keine Untersuchungsmethoden gebe, die zu aussagefähigen Ergebnissen führen. Auch die Vorsitzende des Bottroper Gesundheitsausschusses, Renate Palberg, hat die Absage aus Düsseldorf erhalten.

Wie OB Tischler hatte sich auch die SPD-Ratsfrau zuvor in einem Schreiben an die Ministerin für eine genauere Untersuchung der gesundheitlichen Folgen der erhöhten Schadstoffwerte auf die Bürger eingesetzt. Anlass dazu gaben die andauernde Überschreitung der Zielwerte für das Umweltgift Benzo(a)pyren, aber auch die überdurchschnittlich hohe Krebsrate in Bottrop.

Anwohner im Bottroper Süden sorgen sich um ihre Gesundheit

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„Die Sorge vor einer latenten gesundheitlichen Gefährdung ist bei der Bevölkerung im Umfeld der Kokerei groß“, begründete Renate Palberg ihren Schritt, den sie im Namen aller Ratsparteien unternommen hatte. Das Bottroper Gesundheitsamt schließlich hatte so genannte Human-Biomonitoring-Untersuchungen, mit denen Bevölkerungsgruppen auf ihre Belastung mit Umweltschadstoffen untersucht werden können, ins Gespräch gebracht. Renate Palberg hatte die Umweltministerin darauf hingewiesen, dass die Kokerei Prosper für die erhöhten Schadstoffwerte verantwortlich gemacht werde und das die zugesagten Maßnahmen bisher nicht zu einer Senkung geführt hatten. Wegen der zu hohen Schadstoffbelastung empfiehlt die Stadt bis heute, Blattgemüse aus Gärten im Bottroper Süden möglichst nicht zu verspeisen. Neulich erst hatte auch Umweltdezernent Klaus Müller erklärt, dass die Stadt erneut nicht mit einer Einhaltung der Zielwerte für das krebserregende Benzo(a)pyren rechne.

„Belastbare Human-Biomonitoring-Verfahren für PAK befinden sich noch in der Entwicklung“, begründet Ministerin Heinen-Esser indes ihre Absage. Etablierte Methoden gebe es bisher nur für polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, die nicht krebserzeugend seien. Die Umweltministerin beruft sich dabei auf Einschätzungen des Landesumweltamtes, das sie um eine fachliche Prüfung der Wünsche aus Bottrop gebeten hatte. Danach hält die Behörde auch eine kleinräumigere Krebsstudie im Umkreis der Kokerei für zwecklos, da „aufgrund der niedrigen Anzahl der Anwohnerinnen und Anwohner nicht mit einem belastbaren Ergebnis gerechnet wird“.

Gesundheitsamt fordert auch Verringerung der Schadstoffspitzenwerte

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Auch das Bottroper Gesundheitsamt machte nach Rücksprache mit dem Fachberater der Ruhr-Universität Bochum klar, dass „die Schlussfolgerungen des Umweltministeriums fachlich korrekt und zutreffend sind“. Das Gesundheitsamt fordert indes weiterhin, dass der Zielwert für Benzo(a)pyren möglichst unterschritten werden sollte. Vor allem dürften auch die enormen Tagesspitzenwerte dieses Schadstoffes nicht mehr derart hoch ausfallen und auch nicht mehr so häufig vorkommen wie bisher. So hatte Gesundheitsausschuss-Vorsitzende Renate Palberg in ihrem Schreiben an Düsseldorf herausgestellt, dass der Benzo(a)pyren-Zielwert tageweise um das 25-Fache überschritten worden sei.

Fakt ist, dass die Krebsrate in Bottrop ohnehin schon über dem Landesdurchschnitt liegt. Das hatte auch Gesundheitsamtsleiter Christian Marga bestätigt. So weist das Landeskrebsregister für den Zeitraum bis 2015 aus: Die Zahl der pro Jahr neu erkannten Krebserkrankungen lag in einem Zehnjahreszeitraum bei Männern in Bottrop jedes Jahr deutlich über dem Durchschnitt in NRW. Die Krebsrate bei Frauen war in den Jahren 2009 sowie 2011 und dann wieder 2013 und 2014 überdurchschnittlich hoch. Aussagen über die Krebsrate in einzelnen Stadtteilen lassen sich aus dieser Statistik aber ebenso wenig ableiten wie eindeutige Ursachen für die erhöhten Krebsraten, erläuterte der Leiter des Gesundheitsamtes. Denn die Krebszahlen werden nur für gesamte Stadtgebiete erfasst.

Bürgerversammlung

Die Bürgerinitiative „Saubere Luft für alle“ lädt am Freitag, 14. Februar, um 19 Uhr zu einer Anwohnerversammlung in den Gemeindesaal der Paul-Gerhard-Kirche ein. Die Einladung richtet sich an alle Bürger der Stadt.

In dem „Gespräch unter Nachbarn“ an der Paul-Gerhard-Allee 7 wollen die Anwohner über die Luftbelastung im Bottroper Süden und mögliche Folgen des Abbrennen von Kokereigas über die Hochfackel sprechen. Auch die Belastung durch hohe Werte des Schadstoffes Benzo(a)pyren sollen zu Sprache kommen.