Wegen der Belastung von Gemüse mit krebserregenden Stoffen richteten besorgte Bürger im Bottroper Rathaus kritische Fragen an Behördenvertreter.

Anwohner aus dem Bottroper Süden brachten am Runden Bürgertisch im Rathaus wieder und wieder zum Ausdruck, dass sie sich wegen der erhöhten Belastung mit krebserregenden Stoffen im Umkreis der Kokerei Prosper große Sorgen um ihre Gesundheit machen. „Wir haben da einfach auch Angst“, sagte Beate Krzykawski, Sprecherin der Bürgerinitiative „Saubere Luft für den Bottroper Süden“.

Diese Sorgen nahm den meisten Anwohnern im Ratsaal letztlich auch Christel Wies nicht. Die Leiterin des Umweltressorts der Bezirksregierung Münster wies beharrlich darauf hin, dass der Rat der Umweltbehörden, bestimmte Gemüse und Blattsalate aus eigenen Gärten in Welheim, sowie Teilen Boys und Batenbrocks nicht länger zu essen, der Vorsorge diene. Sie betonte allerdings: „Die Anwohner sollten vorsorglich dieser Verzehrempfehlung auch folgen“.

Die Fragerunde im Rathaus dauerte mehrere Stunden

Diese Verzehrwarnung spricht die Stadt Bottrop aus

Gar nicht oder möglichst selten sollten die Bürger in den betroffenen Gebieten demnach zu Grünkohl, Mangold, Spinat, Pflücksalat wie etwa Lollo rossa, Feldsalat, Rucola, Rübstiel sowie Staudensellerie und auch nicht in großen mengen zu Kräutern greifen.

Weiterhin essen können die Anwohner zum Beispiel Weiß- oder Rotkohl und auch Wurzel- und Knollengemüse sowie Früchte verzehren. Sie sollten das Gemüse und die Früchte vor dem Verzehr allerdings auf jeden Fall sehr gut waschen oder auch schälen.

Mehrere Stunden konfrontierten die 50 Bürger die Fachleute der Stadt und der Umweltbehörden mit ihren Fragen. Schließlich musste die Vertreterin der Bezirksregierung, die die Kontrollbehörde für die Kokerei ist, allerdings einräumen, dass es keine Regelung dafür gebe, von welchem Schadstoffwert an die Behörden von einer Gesundheitsgefährdung ausgehen müssen.

Maßstab für die Gesundheitsvorsorge sei, dass der Zielwert für so krebserregende Stoffe wie Benzo(a)pyren erneut überschritten sei. Das war im vorigen Jahr der Fall. Die Bezirksregierung fordere die Kokerei dazu, die nötigen Maßnahmen zu ergreifen, damit der kritische Wert möglichst schnell unterschritten werde. Andere Möglichkeiten habe die Behörde rechtlich nicht. Die Kokerei habe sich jetzt aber über die gesetzlichen Anforderungen hinaus auch vertraglich dazu verpflichtet.

Anwohner fragen, warum die Verzehrwarnung nicht früher erfolgte

Vertreterinnen der Bezirksregierung und des Landesumweltamtes bereiten sich auf die Fragerunde im Rathaus vor.
Vertreterinnen der Bezirksregierung und des Landesumweltamtes bereiten sich auf die Fragerunde im Rathaus vor. © FUNKE Foto Services | Frank Oppitz

Ein Reihe von Anwohnern warf den Behördenvertretern in Form von Fragen vor, dass sie die Verzehrwarnung für Gemüse zu spät ausgesprochen hätten. Denn die Zielwerte für den krebserregenden Stoff waren auch in den Jahren zuvor teils überschritten worden: im Jahr 2015 auch deutlicher als im Vorjahr. Umweltdezernent Klaus Müller erklärte dies damit, dass die Ursache für den erhöhten Schadstoffausstoß vor vier Jahren Defekte in der Kokerei gewesen seien. Nach der Reparatur seien die Werte für den Schadstoff in den darauf folgenden Jahren ja wieder gesunken. Erst in 2018 sei wieder ein Anstieg zu verzeichnen gewesen. Da rauf habe die Stadt mit der Bitte an die Bezirksregierung reagiert, Gemüsepflanzen im Umkreis der Kokerei untersuchen zu lassen.

Das Landesumweltamt hatte vor allem im Bereich entlang der Johannesstraße in Welheim und auch an der Messstation an der Welheimer Straße deutlich höhere Schadstoffwerte an den Gemüseproben festgestellt. Die Verwaltung habe die differenzierte Verzehrwarnung der Umweltbehörde vereinfacht, um mehr Verständnis dafür zu finden, erklärte Klaus Müller. Die Warnung sei außerdem auf ganz Welheim sowie weitere Stadtteile ausgeweitet worden, weil sich Grenzen bei Schadstoffbelastungen durch die Luft nicht einfach ziehen lassen. Das Landesumweltamt hat daher auch bereits mit weiteren Untersuchungen begonnen. „Wir wollen feststellen, wie weit die Belastung de facto reicht“, sagte Untersuchungsleiterin Katja Hombrecher.

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Kokereileiter Jörn Pufpaff legte den Bürgern dar, dass Arcelor Mittal eine Reihe von Vorkehrungen treffe. Dazu gehört vor allem eine bessere Abdichtung der Türen der Koksbatterien. Pufpaff versprach: „wir werden die Einhaltung des Zielwertes künftig sicherstellen“.