Ein Investor will rund um die ehemalige Kirche an der Eichenstraße ein Wohnquartier errichten. Doch die Bottroper Politik will Einfluss nehmen.
Es ist knapp ein Jahr her, dass in St. Elisabeth an der Eichenstraße der letzte Gottesdienst gefeiert wurde. Die kleine Kirche ist längst verkauft an die Grafenwälder Familie Huesmann, die rund um das ehemalige Gotteshaus einen Wohnpark errichten möchte. Erste Bauabschnitte sind abgeschlossen: der Anbau und die Integration des Kindergartens in die bisherige Kirche und auch der Bau neuer Jugendräume – beides waren der Pfarrei St. Cyriakus und der Stadt wichtige Anliegen. Die Kinder haben ihre neuen Kita-Räume bezogen. Doch wie geht es nun weiter? Der Bau der geplanten Häuser auf dem Gelände sorgt für Diskussionen.
Zuletzt befasste sich der Planungsausschuss mit dem Thema. Dabei ging es vor allem um die Frage, ob für das Vorhaben nicht doch ein Bebauungsplan aufgestellt werden muss. Bisher waren Investor, aber auch Verwaltung davon ausgegangen, das sei nicht nötig. Stattdessen könne hier nach dem Paragrafen 34 im Baugesetzbuch verfahren werden. Klingt wie eine reine Formalie, hat aber große Auswirkungen. Bei einem Bebauungsplan würden sich Stadt und vor allem auch Politik Mitspracherechte sichern. Sie können Vorgaben machen was etwa geförderten Wohnraum, ein Verbot von Steinvorgärten oder das Anlegen von Dachbegrünung angeht. Verzichtet man auf den Bebauungsplan, hat der Bauherr mehr Freiheiten.
Den Ratsvertretern geht es nicht darum, die Bebauung zu verhindern
Da aber das Grundstück schon jetzt auch im hinteren Bereich bebaut ist und daneben die Sackgasse „An der Berufsschule“ liegt, an der sich die neue Bebauung zumindest in der Tiefe orientiert, gebe es halt auch Argumente, auf einen Bebauungsplan zu verzichten. Allerdings wurde im Ausschuss deutlich, dass die Politik in diesem Fall gern ein Wörtchen mitsprechen würde. „Uns geht es nicht darum, die Bebauung da zu verhindern“, stellte SPD-Fraktionschef Thomas Göddertz klar. Wichtig sei aber eine angemessene Bürgerbeteiligung, die Verhinderung von Steingärten und auch eine Quote von Sozialwohnungen. Und all das lasse sich eben mit einem Bebauungsplan besser regeln.
Ludger Huesmann und Pia Huesmann hatten das Projekt im Ausschuss noch einmal vorgestellt. Die Aussicht, nun ein Bebauungsplanverfahren – in der Regel dauert es rund drei Jahre – durchlaufen zu müssen, behagte ihnen sichtlich nicht. Zumal sie sich im Vorfeld des Kaufs bei der Verwaltung erkundigt hatten, ob ihre Pläne so durchführbar seien. „Wir wollten das gesamte Gebiet als ein Quartier entwickeln und werden jetzt hier vor Tatsachen gestellt, dass man es nicht so machen kann, wie geplant“, bedauerte Pia Huesmann. Sie verwies darauf, das gesamte Konzept als Einheit zu verstehen - mit den Mehrfamilienhäusern im Bereich zur Eichenstraße und auf der Seite zur Straße „An der Berufsschule“ hin (dort 2,5-geschossig) sowie der Kita und der Kirche als Begegnungsstätte. In der Vorlage der Verwaltung ist von 65 Wohneinheiten die Rede.
Langwieriges Verfahren verzögert den Bau und auch die Finanzierung ist anders geplant
Durch langwierige Verzögerungen etwa durch ein Bebauungsplanverfahren gerate eben auch die Nutzung der Kirche in Gefahr, weil die Finanzierung anders ausgelegt gewesen sei. Grundsätzlich jedoch, so Ludger Huesmann, könne man sich rund um St. Elisabeth vieles vorstellen und plane auch Sozialwohnungen. Alle Mehrfamilienhäuser seien zudem mit Tiefgarage geplant, so dass genügend Stellplätze vorhanden seien.
Baudezernent Klaus Müller schlug schließlich einen Kompromiss vor. Grundsätzlich herrsche ja Einigkeit, dass man das Projekt so wolle, betonte er. Die Wünsche und Anforderungen der Politiker ließen sich womöglich aber auch über einen städtebaulichen Vertrag regeln. In dem Fall schließen Stadt und Investor einen bindenden Vertrag, in dem solche Fragen geregelt werden. Das würde ein Bebauungsplanverfahren obsolet machen. Für den Ausschussvorsitzenden Klaus Strehl (SPD) ein möglicher Kompromiss: „Wenn die Forderungen der Stadt auch im Rahmen eines städtebaulichen Vertrages durchsetzbar sind, dann ist das ein denkbares Vorgehen.“ Dem schloss sich die Mehrheit des Ausschusses an, einzig die DKP war dagegen.
Bottroper Ratsvertreter müssen einem möglichen Vertrag zustimmen
Ein solcher Vertrag, so Strehl, müsse dem Ausschuss selbstverständlich vorgelegt und in dem Gremium beschlossen werden. Komme es nicht dazu, könne immer noch das Bebauungsplanverfahren – auch für Teile der Fläche – angestoßen werden. Auch für SPD-Fraktionschef Göddertz ein gangbarer Weg. Der SPD sei nur wichtig, dass in einem solchen Vertrag auch die Bürgerbeteiligung festgeschrieben werde. Denn die habe bisher nicht stattgefunden, und womöglich gebe es berechtigte Anliegen, die in den Prozess einfließen sollten.
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Familie Huesmann jedenfalls kann sich vorstellen, diesen Weg mitzugehen. Ludger Huesmann: „Letztlich ist uns auch an einer ruhigen Nachbarschaft und entsprechendem Sichtbepflanzungen auch für unsere künftigen Bewohner gelegen.“
Das Kreuz bleibt
Am 20. Januar dieses Jahres wurde in St. Elisabeth der letzte Gottesdienst gefeiert. Danach wurde die Kirche ausgeräumt. Einige Sachen fanden in Bottroper Kirchen eine neue Heimat, 16 Kirchenbänke dagegen stehen künftig in einer französischen Kirche in Villeneuve la Dondagre, etwa 130 Kilometer südlich von Paris.
Auch die Orgel musste nicht verschrottet werden, sondern hat einen neuen Bestimmungsort gefunden. Sie erklingt nun in einer katholischen Gemeinde in Rumänien. Das Kreuz dagegen bleibt in der Kirche, die künftig als Begegnungsstätte fungieren soll. Dasselbe gilt für die verbliebenen Bänke.