Bottrop. . Sogar eine Reliquie wurde mal aus der Kirche an der Eichenstraße gestohlen. Sonntag findet hier nun der letzte Gottesdienst statt.
Eine Kirche, „die durch ihre äußere und innere Wohlgestalt als einer der schönsten und modernsten Kirchenbauten nicht nur in Bottrop“ gilt – so schrieb die WAZ kurz vor der Weihe von St. Elisabeth im November 1955. Am Sonntag findet in der Kirche an der Eichenstraße der letzte Gottesdienst statt. Die Pfarrei St. Cyriakus hat sich entschieden, das Gebäude aufzugeben und zu verkaufen.
In den 1950er-Jahren einfach undenkbar. Nach dem Krieg wurden vielerorts Kirchen gebaut. Die Gläubigen engagierten sich in Kirchbauvereinen und sammelten Geld für ihre Gotteshäuser. So auch in Bottrop für St. Elisabeth. Dort hatte sich 1951 ein entsprechender Verein gegründet, der regelmäßig bei den Gläubigen Geld einsammelte und bis zur Weihe auch die Summe von 50.000 Mark beisteuern konnte.
Zweiter Weltkrieg stoppt Baupläne
Dabei war die Idee, in der nördlichen Innenstadt eine neue Gemeinde zu gründen, schon älter. Bereits in den 1930er-Jahren kam sie auf, heißt es in dem Sammelband Kirchen in Bottrop, herausgegeben von der Historischen Gesellschaft. Die politischen Verhältnisse und der Kriegsbeginn zerschlugen diese Überlegungen.
Ab 1950 ging es dann darum, ein geeignetes Grundstück für den Neubau zu finden. Fündig wurde man an der Eichenstraße; laut Zeitungsberichten waren aber auch Gelände an der Virchow- oder der Hans-Sachs-Straße in der Diskussion. Der Bergbau stellte schließlich das Geländer an der Eichenstraße zur Verfügung, und 1954 konnten die Bauarbeiten beginnen.
Lebendiges Gemeindeleben
Die Mitglieder des Kirchbauvereins spendeten nicht nur Geld, sie packten auch mit an, etwa im Paramenteverein. Viele Frauen beteiligten sich, um die Priestergewänder zu nähen und zu gestalten. Kein Wunder also, dass Weihbischof Heinrich Baaken bei der Weihe 1955 lobte: „Diese Kirche ist ein Gemeinschaftswerk und des Herrgotts würdig.“
Rund um die Kirche entstanden in den nächsten Jahren Jugendheim, Kindergarten und Pfarrheim, so dass sich ein lebendiges Gemeindeleben entwickelte mit Messdiener- und KJG-Gruppen. Aber auch KFD- und KAB-Mitglieder fanden eine Heimat in der neuen Pfarrei.
Ursprüngliche Reliquienbesitzerin starb im KZ
Selbst die Heilige Elisabeth zieht in den neuen Bau ein – zumindest ein Teil von ihr. Eine Frau aus der Pfarrei hatte die Reliquie einst als Geschenk von einer holländischen Freundin erhalten, die im Konzentrationslager umgekommen ist, und sie möge dafür sorgen, dass die Reliquie einen würdigen Platz erhalte. Was konnte würdiger sein, als eine Kirche, die auch noch den Namen der Heiligen trug? Eine Urkunde des Bischofs von Brügge aus dem Jahr 1882 sollte übrigens für die Echtheit der Reliquie bürgen.
1958 wurde eigens dafür ein Reliquienstein in der Kirche aufgestellt. Die Reliquie selbst wurde in einer Kapsel, von einer Silberschmiedin gefertigt, ausgestellt. Umso größer der Schock, als nur wenige Monate später Kapsel und Reliquie weg waren. Die Täter hatten es wohl auf die silberne Kapsel abgesehen, hielten womöglich die Bergkristalle für wesentlich wertvollere Steine. Der Verlust sorgte für tiefe Betroffenheit, sei doch die Reliquie „unersetzlich“, so der damalige Pfarrer Linkholt.
Tatsächlich sollte es viele Jahre dauern, bis wieder eine Reliquie der Heiligen in die Kirche einzog. 1973 war es, als über einen Kontakt zu einem Theologen, der im Vatikan tätig war und eine Grubenfahrt in Bottrop unternahm, die Pfarrei an eine neue Reliquie kam. Ein Bote aus dem Vatikan überbrachte sie. Eine päpstliche Urkunde weist aus, dass die Partikel den Gebeinen der Heiligen Elisabeth entnommen worden seien. So konnte nach 15 Jahren der Reliquienstein wieder seiner Bestimmung zugeführt werden.
Zusammenlegung mit Heilig Kreuz
Schon Anfang der 2000er-Jahre gab es große Veränderungen in St. Elisabeth. Als erste Gemeinden in Bottrop schlossen sich St. Elisabeth und die benachbarte Gemeinde Heilig Kreuz 2004 zu einer Pfarrei zusammen. St. Elisabeth blieb die Hauptkirche, Heilig Kreuz wurde zur Filialkirche und wurde drei Jahre später geschlossen.
Ein Schicksal, das nun auch St. Elisabeth ereilt. Nach dem letzten Gottesdienst wird die Kirche im Laufe dieses Jahres profaniert. Ein entsprechendes Dekret des Bischofs habe dann zur Folge, dass die Kirche nicht mehr länger für Gottesdienste zur Verfügung stehen, so Propst Jürgen Cleve. Stattdessen entsteht ein weltlicher Raum.
Kirchengebäude bleibt erhalten
Das Gebäude als solches bleibt erhalten. Die Kirchhellener Familie Huesmann hat die Kirche und das große Umgebungsgrundstück gekauft. Sie will dort Ein- und Mehrfamilienhäuser bauen. Der Kindergarten bleibt erhalten, wird jedoch neu und direkt an die Kirche angebaut. Ein Teil des dann ehemaligen Altarraums wird zum Spielraum für die Kinder. Der Kirchenraum soll Begegnungsstätte mit angeschlossenem Café werden.
Der Gottesdienst beginnt am Sonntag um 16 Uhr, danach ist Treffen im Gemeindehaus, um 19.30 Uhr Abendgebet in der Kirche.