Bottrop. . Umweltausschuss befasst sich erneut mit Staub und Benzo(a)pyren. Die Geschäftsführung der Kokerei bezieht Stellung. Ein Runder Tisch soll helfen.

Premiere im Ausschuss für Stadtplanung und Umweltschutz. Erstmals hatte dort ein Bürger Rederecht. Zum „Sachstandsbericht Kokerei“ durfte ein Anwohner die Situation schildern, wie die Bürger im Bottroper Süden erleben. „Wir haben viel Geld in die Häuser gesteckt und fühlen uns in Welheim und Batenbrock wohl. Doch was jetzt seit gut anderthalb Jahren passiert, ist nicht mehr schön“, sagte Robert Rohe.

Die Rede ist von den Belastungen durch Staub und öligem Schmier, der zumindest zum Teil von der Kokerei verursacht wird. „Es geht so nicht mehr weiter“, sagt Rohe. Er versicherte aber, dass die Bürgerinitiative nicht wolle, dass die Kokerei schließt. Rohe: „Wir wollen, dass Stadt und Lokalpolitik etwas für uns tun.“

Ratsmitglieder stehen auf Seiten der Anwohner

Kokerei verspricht Besserung für Batenbrock

In Batenbrock werde sich das Staubproblem bald erledigt haben, wenn der zweite Löschturm der Kokerei nach der Sanierung Ende November wieder in Betrieb gehe, ist sich Pufpaff sicher.

Er bat die Anwohner, die Kokerei weiter mit Proben zu versorgen, um zu helfen, die Ursache zu finden.

Der Bürgerinitiative können Fälle über die E-Mail-Adresse SaubereLuft@gmx.de gemeldet werden. Der Kokerei-Betreiber „ArcelorMittal“ ist über beschwerden@arcelormittal.com erreichbar. Auch die Stadt Bottrop hat eine Mail-Adresse für solche Fälle eingerichtet. Sie kann über luftreinhaltung@bottrop.de kontaktiert werden.

Zuvor hatten die Ratsmitglieder im Ausschuss bereits betont, dass sie auf Seiten der Anwohner stehen und die Kokerei-Verantwortlichen aufgefordert, ihrer Anstrengungen zu verstärken. Kritik übten sie einhellig an der Bezirksregierung Münster, die die die Aufsicht über die Kokerei führt.

In einer vierseitigen Stellungnahme geht die Bezirksregierung auf zwei Problemfelder ein. Zum einen blickt sie auf die Staubbelastung, zum anderen auf die Belastung durch Benzo(a)pyren (BaP). Dieser Stoff wird auf der Kokerei freigesetzt und für ihn gilt ein Zielwert von einem Nanogramm pro Kubikmeter Luft im Jahresmittel. Im vergangenen Jahr hat die Kokerei den Wert knapp eingehalten. Alles deutet aber darauf hin, dass es in diesem Jahr nicht gelingen wird. Das räumte auch Kokerei-Geschäftsführer Jörn Pufpaff ein. Die Bezirksregierung hat veranlasst, dass Arcelor Mittal einen externen Gutachter hinzu ziehen muss, um Möglichkeiten zur Verringerung des BaP-Ausstoßes aufzuzeigen. Pufpaff kündigte an, dass die Kokerei die Absaugung optimieren wird.

Bezirksregierung sieht Optimierungspotenzial

Schmutz und Szaub, ausgehend von der Kokerei, setzen sich in allen Winkeln ab – sehr zum Ärger der betroffenen Bürger.
Schmutz und Szaub, ausgehend von der Kokerei, setzen sich in allen Winkeln ab – sehr zum Ärger der betroffenen Bürger. © Michael Korte

Bleibt das Thema Staub: Hier hat die Kokerei diverse Proben analysieren lassen. Dabei habe sich gezeigt, dass sie nicht für alles verantwortlich ist. Die Bezirksregierung stellt fest, dass die Kokerei im vergangen Jahr einige Verbesserungen erreicht hat. Weiter heißt es aber auch, dass bei kritischen Wetterlagen 2018 noch weiteres Optimierungspotenzial bestehe. Hierzu seien der Kokerei verbindliche Vorgaben gemacht worden.

Deshalb sei nun auch der Absetzer an den Mischbetten verändert worden, so Pufpaff. Bei zu starkem Wind schaltet er sich ab, es werden nicht weiter Kohlen aufgeschüttet. Erst nachdem geprüft wird, ob Staub abgeweht wird oder nicht, geht er wieder in Betrieb.

Kokerei hält jedoch alle Grenzwerte beim Staub ein

Allerdings stellt die Bezirksregierung zu dem Thema auch klar: Bei aller Belastung für die Anwohner halte die Kokerei die Grenzwerte für Staub ein. Und Vorgaben, die über die gesetzlichen hinausgehen, dürfe die Bezirksregierung nicht machen. Da könne man den Betreiber lediglich bitten, Maßnahmen zu ergreifen. Bei allem Einsatz und den Investitionen, die die Kokerei bisher getätigt habe, bestehe das Problem ja trotzdem weiter, soe Hermann Hirschfelder (CDU): „Sie haben vieles gemacht, aber vielleicht war nicht alles zielführend.“ Die Beeinträchtigungen der Bürger müssten abgestellt werden. Der CDU fehle allmählich der Glaube, dass sich etwas ändert. Ähnlich äußerten sich die anderen Parteien.

Worauf der vielfach von Anwohnern bemängelte schmierige Staub zurückzuführen sei, kann sich die Kokerei noch nicht erklären. Entsprechende Proben lägen nicht vor, so Pufpaff. Vorwürfe, der Produktion würde Öl zugesetzt, wies er zurück. Künftig werde die auch Kokerei Petrolkoks einsetzen. Das ist ein Stoff, der bei der Verarbeitung von Erdöl entsteht, jedoch zu über 90 Prozent aus Kohlenstoff besteht. Er sei nicht identisch mit den Öl-Pellets, die in Scholven verbrannt wurden und zuvor als Petrolkoks umdeklariert wurden, stellte Pufpaff klar.

Runder Tisch für Dialog mit Bürgern geplant

Einstimmig beschlossen die Ausschussmitglieder, einen Antrag der Grünen an den Hauptausschuss zur Beratung weiter zu leiten. Die Grünen möchten gern einen Runden Tisch ins Leben rufen, an dem Bürger, Politiker und Stadtverwaltung miteinander in Dialog kommen. Angesichts der Problematik rund um die Kokerei wage man nun diesen Vorstoß, so die Grünen. Dort könnten dann Gespräche in anderer Atmosphäre geführt werden und dort hätten die Bürger dann auch ein Rederecht, anders eben als in den gewählten Ausschüssen. Dort könne man sich womöglich auch über Themen austauschen, die formal eben nicht in die Zuständigkeit der kommunalen Gremien gehören. „Viele Probleme schaffen Unzufriedenheit deshalb kann das helfen, um auf kurzem Wege nach Lösungen zu suchen“, warb Grünen-Vertreterin Sigrid Lange.

Ein Vorschlag, der bei den übrigen Mitgliedern des Ausschusses auf Zustimmung stieß, Allerdings, so der Einwand des Vorsitzenden Klaus Strehl, befasse sich dieser Tisch ja dann wohl auch mit Themen, die formal in die Zuständigkeit anderer Gremien, etwa des Sozial- oder des Verkehrsausschusses fielen. Daher sein Vorschlag, den Antrag der Grünen im Hauptausschuss zu beraten und gegebenenfalls im Rat darüber abzustimmen.

Debatte versachlichen

Hermann Hirschfelder (CDU), sah die Sache ähnlich. Für ihn war zudem wichtig zu erwähnen, dass es an einem solchen Runden Tisch tatsächlich um das Gespräch gehe und eben nicht darum, dass sich einzelne Vertreter aus dem politischen Spektrum dort profilieren könne, so seine Warnung mit Blick auf die vorausgegangene Debatte. „Wenn ein runder Tisch die Debatte versachlicht, dann ist es gut.“ Wenn aber an dem Tisch nur geredet werde, ohne das Taten folgen, vergrätze man viele Bürger.