Bochum-Langendreer. Menschenjagd, Konzentrationslager und Zwangsarbeit – die Malerin Ursula Richter widmet sich den Schrecken der NS-Zeit. Im Wohnprojekt „buntStift“ zeigt sie einige ihrer gegenständlichen Arbeiten. Sie ist bewegt von menschlichen Schicksalen.
Eine Romafrau schaut aus dem Wohnwagen, ihr Arm trägt die eintätowierte Nummer eines nationalsozialistischen Todeslagers. Eine in Auschwitz getötete jüdische Familie stellt sich in den 30er-Jahren festlich gekleidet dem Fotografen. Die Russin Jelena ist mit ihrem Schatten als Zwangsarbeiterin bei Hoesch in Dortmund porträtiert.
Keine Frage: Menschliche Schicksale aus der Zeit der Nazidiktaktur bewegen die Malerin Ursula Richter. Sie hat sie deshalb auf ihre gegenständlich gemalten Bilder gebannt. Zu sehen sind sie mit zwölf anderen Werken im Gemeinschaftshaus des Wohnprojektes „buntStift“.
Engagiert in der Friedensbewegung
Die Romafrau und Jelena haben die NS-Zeit mit Glück überlebt. „Jelena, die Physikerin wurde, kommt seit gut zehn Jahren regelmäßig an Schulen und erzählt als Zeitzeugin von ihrem damaligen Schicksal“, erklärt Richter zur Bild- und Porträtgeschichte.
Antikriegsbilder und zeitgeschichtliche Themen sind weitere Motivgeber für die Dortmunder Künstlerin, die sich seit den 60er-Jahren in der Friedensbewegung engagiert. So fliegt ein Düsenjäger über Schwäne an einem idyllischen See hinweg, um sie im nächsten Bild zu seiner Zielscheibe zu machen. Den laufenden Gerichtsprozess gegen den „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU) – Beate Zschäpe, Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos malt Richter als Schatten – kommentiert sie mit einem blonden Jungen, der einen Teller mit klebrigem Honig auslöffeln muss.
Wahrnehmung der Wirklichkeit verschärft
„Richter liest damit die allgemeine Berichterstattung in einer digitalisierten Welt gegen und schärft so unsere Wahrnehmung der Wirklichkeit. Auch gegen das Vergessen von Geschichte“, so der Tenor von Redner Helmut Manz bei der Vernissage. Die Malerin selbst betont: „Die Schönheit der Welt und ihre außerordentliche Bedrohung sind das Spannungsfeld, das mich beim Malen treibt. Es sichtbar zu machen, ist ein immer neuer Versuch.“
Beim Publikum kommt die Ausstellung gut an. „Das Bild ,Granatapfel’ hat mich besonders beeindruckt“, erklärt Besucherin Ulrike Neffendorf. „Ich sehe darin die Gewalt in Afghanistan ausdrucksstark symbolisiert, wo immer wieder Hochzeitsgesellschaften das Ziel von Anschlägen der Taliban und von Drohnen sind.“ Das Bild selbst zeigt nur einen Arm in einem Hochzeitskleid. Daneben liegt ein zerplatzter Granatapfel – eigentlich ein Symbol für Leben.