Bochum. .
Gerade vor dem Hintergrund der Debatte um den „Platz des europäischen Versprechens“ (PEV) zeigt die am kommenden Dienstag vorgesehene Verlegung von 20 neuen „Stolpersteinen“, dass ein prozessuales Denkmal durchaus funktionieren kann. Und wie: Seit vor neun Jahren die ersten Erinnerungssteine für Opfer der NS-Zeit von Gunter Demnig verlegt wurden, ist die Zahl auf jetzt 159 Steine angewachsen. Verlegt werden sie vor dem Geburts- oder Wirkungshaus des betreffenden Menschen.
Seitdem wird vom Stadtarchiv nicht nur die Verlegung, sondern die wichtige Spurensuche organisiert. Das Projekt lebt, wenn Patenschaften übernommen werden. Einzelpersonen, Schulen oder Verbände haben sich in akribischer Recherchearbeit aufgemacht und dabei zum Teil überraschende Zusammenhänge entdeckt. Manchmal gelang es sogar, noch lebende Hinterbliebene ausfindig zu machen.
Zwei Biografien, ein Schicksal
Exemplarisch für die Verlegung am kommenden Dienstag stellen wir zwei ganz unterschiedliche NS-Opfer vor, denen jetzt mit einem Stolperstein gedacht wird.
Vor seinem Wohnhaus in Weitmar wird künftig an Karl Springer (1895 - 1836) erinnert. Er war Kommunist und Mitglied der KPD. Um das Jahr 1912 kam er nach Bochum und fand Arbeit auf der Zeche Prinz Regent. Zudem trat er der Bergarbeiter-Gewerkschaft bei und wurde Mitglied in der „Konsumgenossenschaft Wohlfahrt“. Später arbeitete er als Redakteur bei der kommunistischen Tageszeitung „Ruhr-Echo“. Ab 1926 saß er für die KPD im Bochumer Stadtrat.
Anders als manch andere Funktionäre setzte sich Springer bis zuletzt für einen gemeinsamen Kampf von SPD und KPD gegen die Nazis ein. Als im März 1933 über hundert Funktionäre dieser Parteien von der SA verschleppt und gefoltert wurden, gehörte auch Springer dazu. Er wurde blutig geschlagen, durch die Straßen geschleppt und an einem belebten Platz hilflos liegen gelassen. Von Juni bis Dezember 1933 wurde Springer ins KZ Esterwegen gesperrt. 1936 kam eine erneute Verhaftung. Im Bochumer Polizeigefängnis wurde er so stark misshandelt, dass er dort am 18. Oktober 1936 starb. Der Rat der Stadt beschloss 1947 die Umbenennung des Moltkemarktes in Springer-Platz.
Ganz bewusst gewählt ist der 175. Bochumer Stolperstein, der an Alfred Schneider (1906 - 1941) erinnert. Im Gegensatz zu Springer war er nicht bekannt, kein Bild existiert von diesem Bergmann, der am 19. Oktober 1940 mit einem Transport in das KZ Sachsenhausen nach Berlin gebracht wurde. Er musste in einer Strafkompanie arbeiten. Am 5. Juni 1941 wurde er wahrscheinlich in die Euthanasie-Tötungsanstalt Sonnenschein bei Pirna gebracht, um dort in einer Gaskammer ermordet zu werden. Der Häftling Nr. 33661 wurde als ein „BV 175“ geführt – Alfred Schneider war homosexuell.