Bochum/Recklinghausen. . Eine 47 Jahre alte Frau aus Recklinghausen starb im März 2013 im Beisein von zwei Polizisten, die sie beschützen sollten. Ihr eigener Mann hatte sie damals in der gemeinsamen Wohnung erschossen. Nun müssen sich die beiden Polizisten wegen fahrlässiger Tötung vor Gericht verantworten.

Die Polizisten trugen kugelsichere Westen, die Frau war völlig ungeschützt: Vor rund anderthalb Jahren wurde eine 47-jährige Mutter aus Recklinghausen von ihrem Ehemann erschossen. Zwei Polizisten standen direkt neben ihr. Seit Mittwoch müssen sie sich wegen fahrlässiger Tötung vor dem Bochumer Landgericht verantworten.

Die Frau hatte damals unter dem Schutz der Polizisten gestanden. Sie hatte die Beamten gebeten, sie am 23. März 2013 noch einmal zu ihrer Wohnung zu begleiten. Grund war ein Trennungsstreit. Sie hatte Angst vor der Reaktion ihres Mannes. Aus der Wohnung wollte sie noch einige persönliche Sachen abholen. Kaum hatte sie die Tür geöffnet, fielen auch schon die Schüsse. Die 47-Jährige wurde von sieben Kugeln getroffen und starb im Krankenhaus.

Ehemann besaß als Jäger legal Waffen

Nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft haben die beiden 41 und 58 Jahre alten Polizisten der Wache Recklinghausen genau gewusst, dass der Ehemann als Jäger legal Waffen besaß. Außerdem war ihnen mitgeteilt worden, dass er bei einem Wutanfall schon einmal in die Decke geschossen habe.

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Aus diesem Grund sei sogar eine schriftliche Gefährdungsanalyse erstellt worden, in der laut Anklage festgestellt wurde, dass "eine Gefährdung der Ehefrau durch einen Schusswaffengebrauch während des Auszugs nicht ausgeschlossen werden könne". Die Beamten hätten die Wohnung deshalb laut Anklage niemals gemeinsam mit der 47-jährigen Frau betreten dürfen.

Angeklagter von Selbstzweifeln geplagt

Zum Prozessauftakt erklärte der jüngere der beiden Beamten, dass er damals zwar der Meinung war, alles richtig gemacht zu haben, inzwischen aber von Selbstzweifeln geplagt werde. Wörtlich sagte er den Richtern: "Die Frage, ob wir für den Tod der Frau mitverantwortlich sind, macht mich vollkommen fertig." Beide Polizisten haben der Familie des Opfers ausdrücklich ihr Beileid bekundet. Trotzdem seien sie weiterhin der Ansicht, damals nach besten Wissen und Gewissen gehandelt zu haben.

Der Ehemann der Getöteten war bereits in einem früheren Prozess wegen Totschlags zu sechs Jahren Haft verurteilt worden. Außerdem wurde die Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie angeordnet. Die Ermittlungen gegen die Polizeibeamten waren ursprünglich von der Staatsanwaltschaft eingestellt worden. Nach einer Beschwerde von Anwältin Cornelia Frech, die die Tochter des Opfers vertritt, waren die Beamten schließlich aber doch noch angeklagt worden. (dpa)