Bochum. Mangelnde Unterstützung durch die Bochumer Wirtschaftsförderung hat Dachdecker Markus Abitz als Hauptgrund für die Verlegung seines Firmensitzes nach Recklinghausen angeführt. Bestätigt wird er von weiteren Unternehmen und von Kreisen der Politik.
Hohe Wellen geschlagen hat die WAZ-Berichterstattung über den Umzug des Dachdeckerbetriebs von Markus Abitz aus Langendreer nach Recklinghausen, er selbst bezeichnet den Standortwechsel in die Nachbarstadt als „Flucht“. Seine Kritik an Wirtschaftsförderung und Verwaltung wird nicht nur von vielen Lesern und von Teilen der Politik geteilt, Roland Mitschke (CDU) und Jens Lücking (Freie Bürger) schlossen sich ihr an, und Lücking befürchtet gar: „Wenn wir in Bochum weiterhin Wirtschaftsförderung nach Gutsherrenart betreiben, werden weitere Unternehmen die Stadt verlassen.“
Bestätigungen kommen auch aus der Wirtschaft: „Was Markus Abitz sagt, das stimmt“, so Carsten Pauly. Dessen Familienbetrieb, die Paulys betreiben in vierter Generation eine Fensterbaufirma mit mittlerweile 50 Beschäftigten, zog 2009 von Linden nach Hattingen. Den Ausschlag für den Wechsel in die Nachbarstadt gegeben habe damals ein Streit mit der Bauverwaltung, vor allem aber die aus Sicht Paulys nur begrenzten Anstrengungen der Wirtschaftsförderung, seinem Betrieb bei seiner langen Suche nach einem alternativen Standort wirklich zu helfen.
„Wir hätten schön hier bleiben können“, so der Bochumer, der ebenso wie sein Zwillingsbruder und Firmenmitinhaber Arnd mit Familie immer noch in Linden wohnt. Die Gewerbesteuer in fünfstelliger Höhe fließt nun ins Hattinger Stadtsäckel. Dass letztlich dort der Kaufpreis für das 13 500 qm große Firmengelände eine Rolle gespielt habe gegenüber dem deutlich teureren Alternativangebot in Linden, verschweigt Carsten Pauly nicht. Aus seiner Sicht hätte es aber zu den Umzugsüberlegungen gar nicht kommen müssen, wenn die Verwaltung anders agiert hätte. Schlafmützig sei diese; ausdrücklich von seiner Kritik ausnehmen möchte er die Lokalpolitik, vor allem die im Stadtteil Linden.
Keiner kümmert sich richtig
Ins gleiche Horn wie der Fensterbauer stößt Dachdecker Joachim Jakob, der beklagt: „Ich bin seit 30 Jahren selbstständig und suche seit 20 Jahren nach einem geeigneten Standort. Aber bei der Wirtschaftsförderung kümmert sich darum keiner so richtig.“ Nachdem er in „seiner Not“ eine Halle am Kötterberg in Grumme gekauft habe, habe er nun sogar Schwierigkeiten mit der Bauaufsicht: „Dabei habe ich die Halle gar nicht gebaut.“
Idealer Standort
Empört hat ihn aber vor allem ein Telefonat mit der Wirtschaftsförderung vor einigen Jahren. Damals habe er die Imberg-Hallen an der Universitätsstraße kaufen wollen – aus seiner Sicht ein idealer Standort für seinen Betrieb. „Da hat man mir gesagt, das käme gar nicht in Frage. Das sei eine Paradestraße und dort wollten sie keine Handwerker. Da frage ich mich doch, sind wir Handwerker Betriebe zweiter Klasse?“
Fakt ist: Das vom Eigentümer mit dem Slogan „der perfekte Standort“ beworbene Areal neben der Polizeiwache Süd, von der Stadt als „Filestück“ gepriesen und für „hochwertige Wohnbebauung“ und Büroprojekte vorgesehen, steht immer noch leer.