Bochum. Das Foto spricht Bände: Zwei Kanonen – „Feind-Beutestücke“ – stehen vor dem Kaiser-Denkmal auf dem Wilhelmsplatz, dem heutigen Husemannplatz. Die historische Aufnahme steht symbolisch und als Blickfang für die Ausstellung „Zwischen Heimat und Front – Bochum im Ersten Weltkrieg“, die Sonntag beginnt.
Als vor 100 Jahren der Erste Weltkrieg „ausbrach“, ahnte niemand, dass er vier bittere Jahre währen und die Geschichte des 20. Jahrhunderts nachhaltig prägen würde. Dabei wurde der Krieg nicht nur auf den Schlachtfeldern ausgetragen, sondern hatte auch die „Heimatfront“ fest im Griff. „Er erfasste alle politischen und gesellschaftlichen Bereiche und entwickelte sich bald schon zum totalen Krieg“, sagt Dr. Ingrid Wölk, die Leiterin des Stadtarchivs.
500 Exponate – Eigenbesitz und Leihgaben – werden in der Ausstellung präsentiert. Die mit Infotafeln und Filmen aufbereitete Dokumentation folgt den Spuren Bochumer Soldaten und zeigt, wie auch in unserer Stadt alle Ressourcen in den Dienst des Krieges gestellt wurden.
Mobilmachung auch in Bochum befohlen
Mit einer Flut an Fundstücken, Dokumenten und privaten Devotionalien wird das Panorama einer Zeit aufgerufen, die auch aus dem Abstand von einem Jahrhundert ihren Schrecken nicht verloren hat.
Die Fotos des deutschen Massakers an 70 Männern im belgischen Latour, die Gefallenen-Bücher von 1918 mit den Namen von 3996 toten Bochumer Soldaten, ein verrosteter Stahlhelm vom Schlachtfeld in Flandern, das kaiserliche Telegramm, mit dem auch für Bochum Anfang August 1914 die Mobilmachung befohlen wurden – fast unübersehbar ist das zur Schau gestellte Material. Auch Prothesen der Kriegsinvaliden fehlen nicht.
Auseinandersetzung mit den Folgen
Doch nicht nur Bochum, auch die „andere“ Seite gerät in den Blick. Am Beispiel der belgischen Stadt Virton etwa, wo unter Beteiligung von Bochumer Soldaten im August 1914 eine erbitterte Schlacht geschlagen wurde. Detailliert werden die Auswirkungen des Krieges auf die belgische Zivilbevölkerung beleuchtet. Die Ausstellung schließt mit einer Auseinandersetzung mit der kollektiven Erinnerung an den Ersten Weltkrieg und fragt nach den „Lehren“. Der gedankliche Bogen wird bis zur NS-Diktatur geschlagen, deren eine Antriebsfeder bekanntlich die beschworene Rache für den „Schandfrieden“ von Versailles war.
Interview mit Dr. Ingrid Wölk, Leiterin des Stadtarchivs
Warum eine Weltkriegs-Ausstellung auch in Bochum, angesichts der „Flut“ von Erinnerungs-Szenarien an 1914 bis 1918 überall in Deutschland?
Weil der Erste Weltkrieg ein eminent wichtiges Ereignis war und ist. Alles, was heute in Deutschland existiert, wäre ohne den Krieg 1914/18 so ja nicht gekommen. Auch ist es die erste und einzige Ausstellung hier in Bochum, die sich des Themas annimmt. Von daher trifft der Begriff „Flut“ nicht wirklich zu.
Wen wollen Sie ansprechen?
Dr. Ingrid Wölk: Grundsätzlich soll allen Faktenwissen vermittelt werden, die sich nicht jeden Tag mit dem Thema ,Erster Weltkrieg’ beschäftigen, die die Zusammenhänge also nicht unbedingt kennen. Über eine Zeittafel und die Ausstellungsstücke wird ein zeitgeschichtlicher Zugang vermittelt.
Wird es Führungen durch die Ausstellung geben?
Wölk: Personell ist das ZfS leider nicht so gut besetzt, dass sie regelmäßig angeboten werden könnten. Aber gerade für Schulklassen sind geführte Rundgänge natürlich wichtig.
Was bietet die Dokumentation über die Exponate und Infotafeln hinaus?
Wölk: Die angesprochenen Themen sollen durch Filme, Vorträge und Führungen ergänzt und vertieft werden.
Die Ausstellung „Bochum im Ersten Weltkrieg“ wird am Sonntag 24. August um 11 Uhr im Zentrum für Stadtgeschichte, Wittener Straße 47, eröffnet. Öffnungszeiten Dienstags bis freitags von 10 bis 18 Uhr, Samstags, sonntags und feiertags von 11 bis 17 Uhr. Eintritt frei.