Bochum. Banken und Sparkassen finanzieren in der Regel die Geschäftstätigkeit von Unternehmen vor. Alternativen dazu sind möglich. Mit Crowdfunding etwa finanzieren vor allem Start-ups ihren nächsten Entwicklungsschritt. Die Motivation der Investoren: Sie möchte eine gute Idee unterstützen.
Neu erfinden muss sich Wirtschaft immer wieder. Strukturwandel heißt das. Und mit den neuen Ideen und Unternehmen entwickeln sich auch ganz neue Finanzierungsformen. Das Crowdfunding etwa, bei dem vor allem junge Firmen versuchen, mit Hilfe von Fachagenturen via Internet Kapitalgeber zu finden.
Zwei Bochumer Start-ups gehören dazu. Der Online-Sprachreisenanbieter Lingoschools hat unlängst auf diese Weise 155.000 Euro gesammelt und will das Geld für die internationale Weiterentwicklung seines Geschäfts verwenden. Dafür hat er nun 92 stille, nicht stimmberechtigte Teilhaber.
25.000 Euro nach 22 Stunden
Auch ein anderes Start-up aus Bochum geht diesen Weg. Die Bewerbungsschreiber, die seit 2011 einen Online-Bewerbungsservice betreiben und bislang mehr als 5000 Aufträge abgewickelt haben, bieten stille Anteile über Fundsters an. 75.000 Euro wollen sie auf diesem Weg sammeln, die, so das Unternehmen, „für den Ausbau des Bekanntheitsgrades durch die Intensivierung der Marketing-Aktivitäten genutzt werden“ sollen.
Bei einem geschätzten Firmenwert von 800.000 Euro bieten die Eigner Stefan Gerth und Holger Manzke damit eine beinahe zehnprozentige Beteiligung an. Bis Ende Juli läuft die Kampagne noch. Aber schon nach 22 Stunden hatten die Bewerbungsschreiber die Fundingschwelle von 25.000 Euro erreicht.
Viele "Fans" durch Crowdfunding gewinnen
Warum diese Finanzierungsform? „Geld hätten wir auch anders bekommen können“, sagt Stefan Gerth. Es sei darum gegangen, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Kapital zu sammeln und möglichst viele „Fans“, die die Firmenidee durch einen Schneeballeffekt weiter tragen.
Multiplikatoren zu gewinnen, sei einer der Vorteile von Crowdfunding, so Christian Arzt von der Crowdfunding-Plattform Fundsters. Außerdem werde es für junge Unternehmen zunehmend schwerer, ohne Sicherheiten Kapital zu bekommen.
Innovations Fonds Ruhr hilft jungen Firmen
Beim Crowdfunding stellen nicht selten zuerst Verwandte, Freunde und Bekannte Geld zur Verfügung und locken damit weitere Investoren an. Das sei so ähnlich wie das Phänomen der leeren Kneipe, so Christian Arzt. Füllt sie sich allmählich, wird sie plötzlich interessanter auch für andere Besucher. Fundsters hat mittlerweile acht Start-ups insgesamt fast 900.000 Euro vermittelt. Die Investoren seien häufig Mitte 30 und hätten in der Regel zwei Motivationen für die Beteiligung: „Entweder geht es um rein betriebswirtschaftliche Gründe und die Hoffnung, an einem neuen Google beteiligt zu sein. Oder es ist der Wunsch, eine gute Idee zu unterstützen und von Beginn an dabei zu sein“, sagt Christian Arzt.
Kapital lässt sich abseits von Banken und Sparkassen und der sogenannten Crowdfinanzierung auch noch auf andere Weise akquirieren: bei Gründerwettbewerben zum Beispiel oder über Fonds, die jungen Firmen unter die Arme greifen wollen. So wird etwa die Bochumer Athlens GmbH, die zwei Wissenschaftler des Instituts für Neuroinformatik der Ruhr-Universität gegründet haben, mit Hilfe des Innovations Fonds Ruhr sein Produkt auf den Markt bringen.
Experte sieht gute Marktchancen
Dieses Produkt ist eine computergestützte Spielanalyse für den Amateurfußballbereich. Dr. Karl Grosse vom Innovations Fonds Ruhr spricht von guten Marktchancen für das junge Unternehmen, das mit bis zu 50.000 Euro Beteiligungskapital und Senior-Experten unterstützt werden.
Der Clou beim Innovations Fonds Ruhr, der von der Industrie- und Handelskammer (IHK), der Sparkasse Bochum, der RUB und der von Seniorexperten gegründeten Erbecotec GmbH getragen wird: Zu der Unterstützung gehört ein kostenloses, verpflichtendes Coaching des Gründerteams durch Mitglieder des IHK-Senior-Experten-Netzwerkes, das aus ehemaligen Unternehmern und Führungskräften besteht. So werden frische Ideen mit Erfahrung im Wirtschaftsleben gepaart.