Bochum. Benimm ist in. Die Schüler der Internationalen Förderklassen des Alice-Salomon-Berufskollegs können an einem Benimm-Kurs teilnehmen. Sie machen das gerne, weil sie wissen, wie wichtig der erste Eindruck ist.

Der erste Eindruck ist entscheidend, das Vorurteil schnell gefasst. Günther Graf von Spreti, 76 Jahre alt, diplomierter Agrar-Ingenieur im Ruhestand, weiß das. Fest ist sein Händedruck bei der Begrüßung, der Blick offen und freundlich, gepflegt seine Erscheinung. Sein blaues Hemd hat ebenso feine Bügelfalten wie die beige Bundfaltenhose. Um den Hals trägt er ein dunkles Tuch. Weil es so warm ist in diesem Klassenzimmer am Alice-Salomon-Berufskolleg, hat er das Sakko bereits ausgezogen. Aber auch so wird deutlich, dass er den Schülerinnen und Schülern durch seine Erscheinungsweise vermitteln will, wie wichtig der erste Eindruck ist.

Es ist eine Internationale Klasse vor der er steht. Zwölf junge Flüchtlinge aus verschiedenen Ländern und Kontinenten dieser Erde sitzen da, hören aufmerksam zu. Sie haben schon erfahren was es heißt, eingeschätzt zu werden. Sie lernen am Berufskolleg die deutsche Sprache, sie machen Praktika und sie besuchen den Knigge-Kurs. Der Kurs „Dein perfekter Auftritt“ vermittelt in fünf Doppelstunden die Grundlagen dafür, „wie man sich im Umgang mit seinen Mitmenschen bewegen soll“, sagt Spreti. „Nach dem Motto des Freiherrn Knigge: Behandle andere so, wie du selbst behandelt werden willst.“

Am wichtigsten ist die äußere Erscheinung

Spreti macht das. Er bleibt höflich und verbindlich, auch wenn die Aufmerksamkeit einiger Schüler im Laufe des Unterrichts nachlässt und untereinander getuschelt wird. Er fragt nach, wenn er glaubt, dass er nicht richtig verstanden wurde. Fehlende Höflichkeit ist in diesem Rahmen nicht das Problem. Die verschiedenen Sprachen und der verschiedene Stand der Sprachkenntnis sind es. Auch das weiß Spreti. „Mir geht es ähnlich, wenn ich im Ausland bin. Da verstehe ich auch nicht jedes Wort, muss mich aber dennoch verständlich machen.“

Das Wort, das Gesagte und die Ausdrucksmöglichkeiten durch die Sprache seien wichtig sagt er. „Am wichtigsten aber für den ersten Eindruck ist die äußere Erscheinung. Sie macht 55 Prozent aus. Lächeln und Blickkontakt halten hilft. Auf seine Kleidung achten ebenso. Wichtig ist auch, dass man sich dem Anlass entsprechend kleidet. An mancher Stelle muss man mit dem Zeigen von Tattoos und Piercings vorsichtig umgehen.“

Er vermittelt die Benimm-Regeln besonders im Hinblick auf Vorstellungsgespräche. Sie mit guten Aussichten auf Erfolg führen zu können, da wollen, da sollen die Schülerinnen und Schüler der Internationalen Förderklasse hin. „Gute Umgangsformen können da helfen“, sagt Spreti. „Sie sind kein Relikt vergangener Zeiten. Auch wenn der gegenseitige Umgang von vielen Zwängen der Vergangenheit befreit ist, so gilt es doch bestimmte Regeln einzuhalten. Schließlich entscheiden Umgangsformen über den persönlichen und beruflichen Erfolg im Leben. Deshalb ist es sinnvoll, sich frühzeitig mit diesen Fragen zu befassen.“