Bochum. Vor allem in der Automobilindustrie sind die bei Gaedigk Feinmechanik im Technologiezentrum konstruierten und gebauten Vorrichtungen und Baugruppen gefragt. Der Chef Heinz-Jürgen Gaedigk sagt: „Unsere Mitarbeiter sind der Schlüssel zum Erfolg.“

Volkswagen-Teile werden mit Hilfe von Gaedigk-Produkten montiert. Auch in Modellen von Audi, Mercedes, Volvo oder Jaguar stecken Bauteile, die dank der im Technologiezentrum hergestellten Vorrichtungen und Baugruppen zusammen gebaut werden können. Vor allem über den Dortmunder Zulieferer Continental gelangen Produkte des Feinmechanik- und Systemtechnik-Unternehmens in der Autoindustrie. 2013 war ein besonders erfolgreiches Jahr. „Da haben wir den größten Auftrag der Firmengeschichte abgewickelt“, erzählt Inhaber Heinz-Jürgen Gaedigk. 600.000 Euro wert war die Konstruktion und Herstellung eines Rundschalttellers mit zwölf Stationen. Einige Monate Entwicklungs-, Konstruktions- und Produktionsarbeit stecken darin, zudem bis zu 30 Prozent zugekauftes Material wie etwa Kameras mit Stückpreisen von 5000 Euro.

Die tägliche Herausforderung liest sich so: Ein Auftraggeber, Ingenieurbüro oder Unternehmen, kommt mit einer Idee zu Heinz-Jürgen Gaedigk, der daraus mit seinem Team eine funktionsfähige, sichere und finanzierbare Lösung machen soll. „Der Hauptschwerpunkt ist bei uns die Konstruktion und Herstellung von Montagevorrichtungen für die Automobilindustrie, also klassischer Betriebsmittelbau.“ In jeder Vorrichtung, entweder in Reihe oder im Kreis angeordnet, werde ein anderer Arbeitsgang absolviert. Am Ende sei das Produkt, etwa eine Kraftstoffpumpe, fertig montiert.

100-prozentige Zuverlässigkeit

192 unterschiedliche „Anlagen“ wurden in der nun 18-jährigen Firmengeschichte entwickelt, hergestellt und in unterschiedlicher Stückzahl produziert. Und trotz großer Hilfen wie 3-D-Zeichnungen oder CNC-Maschinen werde immer noch handwerkliches Wissen und Geschick verlangt, betont der Chef.

Die zentrale Vorgabe der Auftraggeber: 100-prozentige Zuverlässigkeit. Bei der Herstellung gibt es technische Toleranzen; bisweilen im Millimeterbereich. Aber einmal fertiggestellt, muss die Vorrichtung sicher Tausende, Zehntausende, ja Hunderttausende immer wieder kehrende Arbeitsschritte zuverlässig gewährleisten. Das erfordert eine Menge Kompetenz. „Unsere langjährigen Mitarbeiter sind der Schlüssel zum Erfolg“, sagt der Firmeninhaber, der sich einst mit einer guten Idee, einem Businessplan und einem Kredit in Höhe von 200.000 D-Mark selbstständig machte.

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„Ideen umzusetzen, das war immer mein Ding. Und ich wollte nicht fremdbestimmt arbeiten“, so Gaedigk, der die Feinmechanik in der Forschungswerkstatt der Ruhr-Uni lernte, nach der Meisterprüfung als Ein-Mann-Unternehmen begann und im Laufe der Jahre ein ansehnliches Unternehmen aufgebaut hat. „Ich bin schon stolz darauf“, sagt er. „Es gibt aber auch eine Menge Verantwortung.“ Für die Produkte und für die Mitarbeiter, die das wichtige Kapital seien.

Technischer Zeichner wird noch gesucht 

Vier Auszubildende lernen momentan im Betrieb. Einen Technischen Zeichner für den Sondermaschinebau sucht er momentan noch. Den zu finden, sei gar nicht so einfach.

Wer die Produktionshalle an der Lise-Meitner-Alle im Technologiezentrum betritt, dem fällt sofort das unter Decke hängende, große Banner auf. Es zeigt die mit Paddeln und Booten ausgerüstete Gaedigk-Mannschaft gruppiert vor der Ruhr, im Hintergrund die Burg Blankenstein. Ein herrliches Bild, entstanden für den Umzug vom alten zum neuen Standort. Vor lauter Arbeit sind sie in den vergangenen Monaten nicht dazu gekommen, dem Bild Taten folgen zu lassen. Aber das wird jetzt nachgeholt. Am Wochenende steigen sie in Dahlhausen in den Museumszug und paddeln dann später über die Ruhr. Eine Team-bildende Maßnahme mit hohem Vergnügungsfaktor. Ein schönes Kontrastprogramm zu den hohen Ansprüchen. Die Frage danach wie Gaedigk Feinmechanik ticke, beantwortet Konstrukteur Igor Idmann nach kurzem Überlegen mit berufstypischer und schnörkelloser Präzision: „sehr schnell.“

Erstmals auf der welltweit größten Messe für Medizintechnik

Als Feinmechaniker-Meister bleibt Heinz-Jürgen Gaedigk nur wenig verborgen. Ein gutes Auge für manchmal bis im Miniaturformat gefertigte Teile, ausgeprägtes Vorstellungsvermögen und der Blick für technische Zusammenhänge gehören unbedingt zu seinem Metier. Aber auch er schaut schon etwas ungläubig, als Kai Wiedermann, ein „Zauberkünstler und Schlitzohr“, wie dieser sagt, eine eben noch von Gaedigk signierte und in den Stapel zurückgelegte Spielkarte, zusammengefaltet aus dem Sim-Kartenschacht eines auf dem Tisch liegenden Handys herausholt. Reinste Zauberei.

Das ist zwar ganz genau das Gegenteil dessen, was Heinz-Jürgen Gaedigk repräsentiert, nämlich ein erfolgreiches mittelständisches Unternehmen im Technologiezentrum, das sein Geld mit Ingenieurs- und Handwerkskunst verdient, also mit Fassbarem. Einen Zusammenhang gibt es aber vielleicht doch zwischen den zwei Welten. Gut möglich ist, dass der Zauberkünstler Wiedermann im November bei der Medica, der weltweit größten Fachmesse für Medizintechnik, am Stand von Gaedigk Feinmechanik & Systemtechnik steht und dort für Unterhaltung sorgt. Erstmals wird Gaedigk als Aussteller in Düsseldorf dabei sein.

Medizintechnik ist von Anfang eines der Standbeine von Gaedigks Unternehmen, das der 52-Jährige vor 18 Jahren als Ein-Mann-Firma gegründet hat. Komponenten für MRT-Geräte, Herstellung von Flusszellen für Blutzuckermessgeräte oder Elektroden für ein Hyperthermiegerät, solche und ähnliche Aufträge hat Gaedigk mit seinem Team erledigt. Und der Chef möchte in Zukunft stärker wieder für die Branche arbeiten, nicht zuletzt um nicht zu sehr auf den Automobilsektor fixiert zu sein. Der ist Hauptabnehmer der feinmechanischen Produkte „Made in Bochum“

Mein Job

Sitz, passt und hat Luft. Die alte Handwerkermaxime gilt auch bei Gaedigk. Und damit die Feinmechaniker bei der Produktion von Vorrichtungen mit manchmal verschwindend kleinen Teilen passgenau bauen können, kommt es zuerst auf das Können von Igor Idmann an. Der 33-Jährige ist Konstrukteur. Die Grundlagen der Konstruktion hat Idmann im Studium an der nahe gelegenen Hochschule erlernt, die hohe Schule erlangen Spezialisten wie er erst im Berufsleben. Sein Praxis-Semester hat er bei Gaedigk absolviert und dort seine Abschlussarbeit geschrieben – mit doppeltem Erfolg. Die von ihm konstruierte Vorrichtung wurde verkauft. Und am Ende bekam er auch noch eine Anstellung im Unternehmen.