Bochum. Hauptverkehrsstraße, Wohnstraße, Einkaufsstraße – der Werner Hellweg hat viele Gesichter, die nicht immer miteinander harmonieren. Der Ableger der berühmten Handels- und Pilgerstraße „Hellweg“ dient als Verbindung nach Dortmund. Zum Glück engagieren sich treue Menschen hier für ihre Heimat.

Der Werner Möbelhändler Karl-Ernst Hardeck baute dem Werner Hellweg ein gigantisches Eingangstor. Mit gelbem Schriftzug, der sich mehrfach wiederholt, zieht es seit 2000 alle Augen auf sich. Auch was dahinter folgt, bleibt eher banal. Das mag daran liegen, dass hier ganz früher, nach einer Karte von 1823, außer dem Hof Hellbrügge nur Felder waren.

An ihre Stelle sind funktionale Mietshäuser aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts getreten. Ein Verkaufswagen mit Bochumer Kartoffeln von Wilhelm Wiesmann erinnert an die Zeiten kleiner Bauernschaften, als das Wort „Ruhrstadt“ noch nie gedacht wurde. „Der Hof musste damals wegen der Autobahn weichen“, weiß Günter Juskowiak, der auf dem Werner Hellweg groß geworden ist. Bis zur Autobahneinfahrt der A43 (1), die in den 70er Jahren gebaut wurde, ist die Straße zweispurig.

Blick auf den Förderturm

Kurz vor der Eisenbahnbrücke, über die die S-Bahn von Düsseldorf nach Dortmund rollt, läuft sie einspurig weiter. Erst ab hier scheint der Werner Hellweg ein lebenswerter Ort zu sein. Hinter der Brücke steht auf der rechten Seite seit 1994 ein Studenten-Apartmenthaus. Wenige Meter weiter bezog der Ludwig-Steil-Haus-Verein 2011 eine neue Bleibe . Nach langem Ringen um das alte Gemeindehaus am Anemonenweg, wurde der Bürgertreff hier erhalten und haucht dem Werner Hellweg mit Musik und Gemeinschaft Heiterkeit ein.

Das ältesteste Haus am Werner Hellweg (Nr. 525) .
Das ältesteste Haus am Werner Hellweg (Nr. 525) . © Ingo Otto / WAZ FotoPool | Ingo Otto / WAZ FotoPool

An alte Tage erinnert vor der Ecke Brandwacht ein Blick auf den Förderturm der Großschachtanlage „Robert Müser“, die bis 1968 in Betrieb war. Das wichtigste Gebäude am Werner Hellweg ist heute aber die Hauptfeuerwehrwache (2), wobei sie streng genommen die Adresse: Brandwacht 1 trägt. In dem gläsernen Gebäudeaufsatz, ganz oben, befindet sich die Leitstelle. Dort gehen alle 112-Notrufe der Stadt ein. „Als sie gebaut wurde, war sie sicher eine der modernsten Feuerwehrwachen in Europa. Das war einmal. In den kommenden zwei Jahren wird die Leitstellentechnik modernisiert“, informierte Reinhard Stöckner vom Leitungsteam der Berufsfeuerwehr.

Ältestes Haus am Ort entstand etwa 1830

Von hier ist es nicht weit zur Kreuzung Werner Straße/Hölterweg. Kurz dahinter fängt die Tempo-30-Zone an. Die Einkaufstraße Werne-Mitte (3) lebt noch ein wenig von altem Glanz. Einige schmucke Häuser sind vor dem ersten Weltkrieg entstanden, abgesehen von Hausnummer 525 (4). Das hutzelige Fachwerkhaus und ältestes Haus am Ort entstand etwa 1830.

Daten und Fakten



Statistik. Der Werner Hellweg ist knapp 5 Kilometer lang, auf deren Länge sich stolze 630 Hausnummern erstrecken.

Anwohner. Insgesamt 2445 Menschen leben hier, darunter 1242 Frauen. 356 Kinder unter 18 Jahre, davon 181 Mädchen sind hier gemeldet, 1626 Erwachsene im Alter bis 65 Jahre, davon 794 Frauen sowie 463 Senioren über 65 Jahre, davon 267 Frauen.


Gewerbe. Im Werner Hellweg sind 171 Gewerbe angesiedelt, darunter Tankstellen, Tätowierstudios, Bäckereien und Zoohandlungen.


Drei Bezirke. Der Werner Hellweg befindet sich im Stadtbezirk Ost und erstreckt sich über die statistischen Bezirke Laer, Werne und Langendreer - Alter Bahnhof.

ÖPNV. Der Werner Hellweg wird von drei Buslinien befahren: 345, 372 sowie 364.

Freizeit Am Werner Hellweg sind verschiedene Vereine ansässig, da wären beispielsweise die Kleingartenanlage „Vollmond“ , der Damen-Fußballverein SV Hellas sowie der Tennisclub Rot-Weiß.

Der Werner Hellweg führt in Richtung Dortmund.
Der Werner Hellweg führt in Richtung Dortmund. © wnm | wnm







Auch eine Reihe von Geschäften blickt auf eine lange Tradition zurück. So ist die Sparkasse schon seit 1909 ansässig, das Bestattungsunternehmen Schäfer kaufte die Hausnummer 513 im Jahr 1912 und Familie Hansen lebt seit 1909 in Hausnummer 497 über der eigenen Bäckerei. In der Werbegemeinschaft Pro Werne setzt sich auch Bäckermeister Franz Hansen (59) für die Entwicklung des Stadtteils ein. Mit rund 35 Mitgliedern sorgt die Werbegemeinschaft für eine Weihnachtsbeleuchtung, zuletzt stellten sie zehn Bänke auf dem Bürgersteig auf, „und demnächst bemalen Grundschüler neun Stromkästen“, berichtet Hansen. Der Bäcker schätzt seine Heimat, doch würde er sich mehr Ruhe wünschen. „Ich mag nicht, dass er als Durchgangsstraße dient, wenn es auf der A 40 hakt“, sagt er. Allerdings wird das wohl kaum zu verhindern sein, denn der Werner Hellweg geht an der letzten Hausnummer 630 a über in den Lütgendortmunder Hellweg. Parallel zur A 40 ist er eine Hauptverkehrsader, die zwei Herzen des Ruhrgebiets verbindet.






Berühmte Handelsstraße – Landwirtschaft und Zechen bestimmten das Bild

Wie Clemens Kreuzer, Autor vieler Veröffentlichungen zur Geschichte des Bochumer Ostens beschreibt, war der „Hellweg die überregionale Wegeverbindung, die Werne seit urdenklicher Zeit mit der Außenwelt verband. Die berühmte mittelalterliche Handels- und Pilgerstraße verzweigte in Bochum auf mehreren nach Dortmund verlaufenden Strecken, von denen der Werner Hellweg eine war“. Der Werner Hellweg war landwirtschaftlich geprägt, das älteste Haus (Nr. 525) von etwa 1830 stand lange allein. 

Das Leben am Werner Hellweg prägten die Zechen Heinrich Gustav und Vollmond. Sie gingen 1929 in der Robert Müser Großschachtanlage auf. „Nachweislich 1755 wurde in Werne auf der Zeche Vollmond mit vier Mann im Stollenbau Kohle gefördert. Die Kleinzeche lag nördlich vom Werner Hellweg im Bereich der Auffahrt der A 43 Richtung Münster“, beschreibt Historiker Peter Kracht und berichtet , dass auf „Vollmond“ erstmals mit einer Dampfmaschine im Steinkohlebergbau gearbeitet worden sein soll.