Bochum-Wattenscheid/Salvador de Bahia. Richard Hornkamp ist an der noch immer unheilbaren Muskeldystrophie erkrankt und sitzt im Rollstuhl. In dieser Woche fliegt der 17-Jährige nach Salvador de Bahia und wird dort das WM-Spiel Deutschland gegen Portugal im Stadion erleben. Der Verein „Make a Wish“ spendiert ihm die Brasilien-Reise.

Richard hat einen Traum, schon ganz lange. Sein sehnlichster Wunsch: einmal bei einer Fußball-Weltmeisterschaft live dabei sein. Ein unerreichbares Ziel. Oder auch nicht. Richard Hornkamp ist 17 Jahre jung, lebt mit seiner Familie in Wattenscheid, ist an der noch immer unheilbaren Muskeldystrophie erkrankt, sitzt im Rollstuhl. Kommende Woche fliegt er mit Mutter Silvia (46) und Tante Anke (41) nach Brasilien, nach Salvador de Bahia, wird dort das Spiel Deutschland gegen Portugal im Stadion erleben. Papa Andreas (49) und Schwester Annika (19) bleiben daheim, wegen der Arbeit und des Abiturs.

Richard strahlt. „Ich wusste, dass es klappt“, sagt der junge Mann mit der schwarzen Kurzhaarmähne und guckt verschmitzt. „Ich hatte es im Gefühl.“ Mutter Silvia hat für ihren Sohn im vergangenen Jahr eine Bewerbung bei „Make-A-Wish Deutschland e.V.“ in München eingereicht, einem Verein, der, so sagt er über sich selbst, „Kindern mit einer lebensbedrohlichen Krankheit einen lang ersehnten Wunsch erfüllt und ihnen damit Hoffnung, Kraft und Lebensfreude schenken will“. „Das war die Zeit, als Richard nicht mehr ein paar Schritte laufen und auch nicht mehr stehen konnte, sondern nur noch auf seinen Rollstuhl angewiesen war.“

Mutter leitet Stiftung

Dass Richard motorische Schwächen haben könnte, entdeckten die Eltern, als der Junge zwei Jahre alt war. „Er streckte sich nicht, ganz anders als unsere Tochter in dem Alter.“ Silvia und Andreas Hornkamp liefen von einem Arzt zum nächsten, ließen Diagnosen erstellen, bis herausgefunden wurde, ihr Sohn leidet an der muskulären Erbkrankheit, von der aufgrund des X-chromosomal rezessiven (zurücktretenden) Erbganges (fast) nur Jungen betroffen sind. Hornbachs stießen auf die Duchenne-Stiftung, die damals in Neuwied saß und engagierten sich fortan so sehr, dass Silvia Hornbach heute Geschäftsführerin der Deutschen Duchenne Stiftung und der Aktion „benni & Co. eV“ mit Sitz in Wattenscheid ist.

Etwa jeder 3500. Junge betroffen

Die Muskeldystrophie (Typ Duchenne) wurde von Guillaume-Benjamin Duchenne im 19. Jahrhundert beschrieben.

Die Diagnose „Duchenne Muskeldystrophie“ (= Muskelschwund) bedeutet für die betroffenen Kinder und deren Familien immer noch eine unheilbare, tödlich endende Krankheit.

DMD ist nach der Mukoviszidose die zweithäufigste Erbkrankheit bei Jungen. Etwa jeder 3500. neugeborene Junge ist betroffen, da er auf seinem X-Chromosom ein geschädigtes Dystrophin-Gen hat, das die Krankheit auslöst.

In Deutschland gibt es etwa 2500 betroffene Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene (www.deutsche-duchenne-stiftung.de). Die Lebenserwartung liegt bei etwa 40 Jahren.

Ob diese, ihre Position etwas mit dem erfüllten Herzenswunsch zu tun hat? Sie winkt ab. „Wir haben uns beworben, wie alle anderen auch. Da bin ich auch nur Mutter.“

Aktiver Hockeyspieler

Relativ flott reagierte „Make a Wish“, tat kund, dass Richard ein Herzenswunsch erfüllt werden soll, aber welcher, davon war keine Rede. Immerhin, er hatte als Zweitwunsch angegeben, einmal nach Barcelona (natürlich zu einem Fußballspiel) reisen zu dürfen.

Zwei „Wunschengel“-Frauen, so heißen die Mitarbeiter/innen von „Make a Wish“, nahmen Kontakt zu Hornkamps auf, besuchten sie regelmäßig, erfragten und begutachteten den Zustand von Richard. Dann passierte erstmal lange nichts. „Anfang Januar dieses Jahres wurden wir gebeten, Richard impfen zu lassen gegen Hepatitis. Aber das war’s.“ Richard sitzt in seinem Rollstuhl, die Räder tragen das Emblem seines Vereins, dem VfL Bochum. Der hellwache junge Mann ist selbst sportlich aktiv, spielt erfolgreich Hockey in der ERH-Bundesliga (Elektro-Rollstuhl-Hockey).

Buch, Trikot und Hut im Koffer

Er hört zu, wie seine Mutter erzählt. Seine Augen leuchten. „Da wusste ich spätestens, es klappt wirklich.“ Erst Dienstag dieser Woche kam die Bestätigung, dass Richard eine Woche lang in Brasilien sein wird, in einem barrierefreien Hotel wohnt, seine Mutter und Tante mitnehmen darf und vor Ort von einem „Wunschengel“ betreut und begleitet wird.

Und was packt Richard in seinen Koffer? „Ein Buch von Game of Thrones, ein Deutschland-Trikot und einen Hut als Sonnenschutz. Natürlich muss mein VfL-Rolli mit. Ich hab’ übrigens eine Dauerkarte für die Heimspiele.“

Was sagen seine Kumpels der Klasse 9c der Matthias-Claudius-Schule zu Richards persönlichem Sechser im Lotto? „Ich hab’ nicht so viel erzählt, wollte nicht damit angeben.“