Bochum. Mit sieben Jahren erkrankte Siegfried Heimer an Muskelschwund. Der Bielefelder hatte Glück im Unglück: Er leidet an einer vergleichsweise harmlosen Form der Muskeldystrophobie. 75 Jahre später hat er sein Lebenswerk vollendet: Stiftungsgründer und Namensgeber eines neuen Instituts am Bergmannsheil.

Muskelschwund ist vielgestaltig. 800 verschiedene Krankheitsbilder gehören dazu; 100.000 Menschen in Deutschland sind mehr oder weniger dramatisch von dem Gendefekt betroffen. Eine gewaltige Zahl. „Und doch gilt Muskelschwund nach wie vor als seltene Erkrankung“, sagt Prof. Dr. Matthias Vorgerd, Oberarzt der Neurologischen Klinik am Bergmannsheil.

Private Gelder sind vonnöten

Die Folgen sind gravierend. „Öffentliche Forschungsmittel sind nur äußerst schwierig einzuwerben“, schildert der Geschäftsführer der Uni-Klinik, Johannes Schmitz. Mangels ausreichender Gewinnaussichten sind auch die Forschungsanstrengungen der Pharmaindustrie höchst überschaubar – zum Leidwesen der Erkrankten, von denen viele auf Rollstuhl und Atmungsgeräte angewiesen sind. Wer unter besonders bösartigen Formen des Muskelschwundes leidet, hat eine deutlich verkürzte Lebenserwartung. Denn heilbar ist die Krankheit bis heute nicht.

Das soll sich ändern. Dank privater Gelder. Dank der Heimer-Stiftung. 2005 hatte der Baumaschinenunternehmer in Ostwestfalen mit seiner Familie die Stiftung gegründet. Ziel: Kliniken finanziell zu fördern, um Erkrankten zu helfen und die Forschungsarbeit voranzutreiben. Schon seit mehreren Jahren unterstützt die Stiftung dabei auch das Bergmannsheil. Für bislang rund 300.000 Euro konnte die Neurologische Klinik u.a. Spezialmikroskope anschaffen.

Der Stiftung winken jährlich bis zu 80.000 Euro

Nun gehen beide Partner einen Schritt weiter. In diesen Tagen wurde ein Kooperationsvertrag zur Gründung des „Heimer-Instituts für Muskelforschung“ am Bergmannsheil unterzeichnet. Hier werden künftig alle Forschungsaktivitäten zum Muskelschwund gebündelt. Jährlich bis zu 80.000 Euro stellt Familie Heimer aus den Erträgen und Spendeneinnahmen der Stiftung in Aussicht. Das Institut wird unter dem Dach der Neurologischen Klinik des Bergmannsheils etabliert, wo jährlich rund 1200 Patienten mit neuromuskulären Erkrankungen ambulant und stationär versorgt werden.

Siegfried Heimer wird es möglicherweise nicht mehr erleben. Doch vielleicht wird es auch ihm einstweilen zu verdanken sein, was Prof. Vorgerd als Institutsleiter vorgibt: „Wir bauen die Grundlagenforschung aus, damit letztlich eine Heilung möglich wird.“