Bochum. Ein Gespräch mit dem jüngst für acht Jahre wiedergewählten Präsidenten der Technischen Fachhochschule Georg Agricola, Prof. Dr. Jürgen Kretschmann.

Einstimmige Vertragsverlängerung für Prof. Dr. Jürgen Kretschmann. Kürzlich hat der Hochschulrat den überzeugten Ruhrgebietler für weitere acht Jahre zum Präsidenten der Technischen Fachhochschule Georg Agricola gewählt. Damit steht er der traditionsreichen Hochschule seit 2006 und bis ins Jahr 2022 vor. Ein Gespräch über Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Sind Sie sich der historischen Tatsache bewusst, dass Sie in der langen Geschichte der ehemaligen Bergbauschule derjenige sein werden, in dessen Präsidentschaft das Ende des Ruhr-Bergbaus im Jahre 2018 fällt?

Prof. Dr. Jürgen Kretschmann: Ja, ich bin mir dessen sogar sehr bewusst. Doch Bochum wird der Platz sein, wo das Erbe des Bergbaus verwaltet wird. Wir haben in 200 Jahren eine einzigartige Expertise erworben. Es geht dabei um das sachliche, wie auch das intellektuelle Erbe.

Wie geht es mit der Fachhochschule weiter?

Kretschmann: Wir sind eine kleine Fachhochschule und müssen uns auf unsere Stärken konzentrieren. Das sind vor allem drei Bereiche: Nachhaltige Rohstoffgewinnung, darunter fallen auch so relevante Punkte wie Nachbergbau und Ewigkeitskosten, dann, zweitens, die Energiewende, womit sich bei uns die Elektrotechnik beschäftigt, und drittens die Materialeffizienz, woran Maschinenbau und Verfahrenstechnik forschen.

Der Nachbergbau ist sicherlich ein Thema, das vor allem wegen der Vorkommnisse in letzter Zeit, den vielfältigen verkehrsbehindernden Bergschäden, viele Menschen betrifft.

Kretschmann: Wir hoffen, das sich dieser Forschungsbereich zu einem kleinen Diamanten entwickelt. Am Ende der Entwicklung soll ein Internationales Zentrum für Nachbergbau in Bochum stehen. Außerdem, möchte ich daran erinnern, dass man die Schächte nicht nur als Schaden sehen sollte. Es gibt Chancen, die es zu entwickeln gilt. Etwa alternative Energien wie Grubengas oder die Umnutzung alter Hallen. Man sollte weder schwarz sehen, noch eine heile Welt. Es gilt objektiv zu sein und auch den Dialog mit einzelnen Interessengruppen zu suchen.

Wie steht die TFH im Kreise der UniverCity da?

Kretschmann: Es gibt da endlich in unserer Stadt einen sehr engen Schulterschluss der Hochschulen. Damit sind wir in Bochum auf einem sehr guten Weg. Die Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz ist der Motor, es wird da sehr intensiv diskutiert. Auch Elmar Weiler, Rektor der Ruhruniversität, ist der richtige Mann für die Aufgabe.

Es gab einmal Pläne, eine Fusion mit der Hochschule Bochum anzustreben?

Kretschmann: Diese Pläne sind vom Tisch. Das ist auch gut so. Es gibt so viele Studenten wie nie. Vielmehr müsste die Hochschullandschaft in NRW konsequent weiter entwickelt werden

Wie wird sich die TFH weiter entwickeln?

Kretschmann: Eine Herzensangelegenheit: Ich komme jeden Morgen um halb acht über die Dorstener Straße. Die Kinder und Jugendlichen dort, viele vermutlich mit Migrationshintergrund, die dann an den Bus- und Bahnhaltestellen stehen, die sehe ich als zukünftige Studenten an der TFH. Wir sind nicht die Hochschule für die Eliten. Es geht uns darum, Chancen zu eröffnen und Talente zu fördern. Jetzt schon haben 40 Prozent unserer Studenten eine Migrationshintergrund.

Viele studieren an der TFH auch neben ihrem Job.

Kretschmann: Auch das ist die Zukunft. Es ist ein Trend, Beruf und Studium zu inte-grieren. Unternehmen müssen ihren Mitarbeitern Qualifizierung ermöglichen. Es herrscht schließlich Mangel an Fachingenieuren.

Haben Sie persönliche Ziele?

Kretschmann: Die TFH steht so gut dar , wie noch nie. Ich hoffe, ich kann meine Mannschaft weiterhin begeistern. Wir müssen weiterhin bereit sein, auch Chancen zu nutzen, die man bisher vielleicht noch gar nicht sieht.