Bochum. Eigentlich hat das Bundesverfassungsgericht im Mai letzten Jahres grünes Licht gegeben für das Steuersplitting von homosexuellen Paaren. Doch offenbar hapert es an den entsprechenden Durchführungsbestimmungen. Für die Betroffenen heißt es von daher schlicht und einfach: Warten.

Eigentlich ist Torsten Haunert ein glücklicher Mann. Der 42-jährige Beamte bei der Stadt Bochum entschloss sich vor sieben Jahren mit seinem schon damals langjährigen Partner zum Standesamt zu gehen. „Ein ganz bewusster Schritt, wir wollten unsere Lebenspartnerschaft eintragen lassen.“ Bereut hat er es nie. Doch jetzt dräut Ungemach von anderer Stelle.

Als das Paar für 2010 eine gemeinsame Steuerveranlagung beantragte, reagierte das Finanzamt erst einmal mit Stillschweigen. Nach längerer Zeit kam dann, so Haunert, Post vom Finanzamt-Mitte, allerdings mit einem eigenen Bescheid getrennt für jeden der beiden Männer. Dagegen legte das Paar Einspruch ein. Haunert und sein Partner ließen nicht locker. Die Finanzbehörde bestätigte den Einspruch. Weiter bearbeiten konnten die Sachbearbeiter die Angelegenheit jedoch nicht.

Gesonderter Bescheid über Zusammenveranlagung

Denn vor dem Bundesverfassungsgericht (BVG) wurde noch eine Musterklage von CDU, CSU und FDP verhandelt. Solange die Richter dort berieten, konnte das Gesetz zur steuerlichen Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften nicht umgesetzt werden. Also hieß es auch für Torsten Haunert und Partner erneut zu warten. Am 6. Juni vergangenen Jahres dann entschied das BVG, dass „die Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnerschaften und Ehen beim Ehegattensplitting“ verfassungswidrig ist.

Doch damit hat das Warten keineswegs ein Ende. Mehr noch: Am 21. Februar 2014 gab es mal wieder Post vom Finanzamt. Darin wird die alte Einkommenssteuerfestsetzung aufgehoben. Über die Zusammenveranlagung gebe es einen gesonderten Bescheid. Später. Außerdem würden bereits gezahlte oder erstattete Beträge damit verrechnet. Was nun Haunert auf die Palme bringt. Mit dem Aufhebungsbescheid kam auch eine Abrechnung. Dort wird die bereits erstattete Summe von 1042 Euro sowie 110 Euro Nachzahlungszinsen festgesetzt. Zahlen soll Haunert jedoch zunächst nichts, denn: „Bitte beachten Sie, dass die festgesetzten Zinsen im Aufhebungsbescheid mit den noch festzusetzenden Zinsen im Rahmen der Zusammenveranlagung verrechnet werden“, steht auf einem aufgeklebten Zettel auf dem Brief.

Vollständige Umsetzung wird noch Zeit in Anspruch nehmen

Dazu Haunert: „Offensichtlich hat die Finanzverwaltung keinen Plan wie sie nun mit den Gerichtsurteilen in der Praxis umgehen soll. Da wirkt es wie ein Hohn, dass Steuerpflichtige erst einmal mit Säumniszuschlägen überzogen werden. Jetzt heißt es wieder, warten, warten, warten.“

Zu Einzelfällen nehmen die Behörden zwar keine Stellung aber das NRW-Finanzministerium verweist auf seine Pressemitteilung „NRW macht den Weg frei für Splittingtarif bei eingetragenen Lebenspartnerschaften.“ Dort heißt es aber auch: „Die vollständige Umsetzung der Neuregelung wird einige Zeit in Anspruch nehmen.“

Bearbeitung nach Eingangsdatum

Im Schnitt 28 gleichgeschlechtliche Partnerschaften wurden in den letzten fünf Jahren pro Jahr vor dem Bochumer Standesamt geschlossen.

Das Land, so heißt es, will nun die Bescheide nach Eingangsdatum bearbeiten. Ruhrende Verfahren würden ebenfalls erneut aufgegriffen. Es wird auch auf handschriftliche Ergänzungen und Streichungen mit Erläuterungen in zwischenzeitlich ergangenen Bescheiden verwiesen.