Bochum. Beim Regionaltreffen der Muslimischen Jugend in der Erich-Kästner-Gesamtschule in Bochum warb die Jugendorganisation um Mitglieder. Sie will den Islam näher bringen, stehe aber auch für Offenheit und Integration und fordert jugendliche Muslime dazu auf, sich gesellschaftlich zu engagieren.
Zur Begrüßung gibt es erst einmal einen Tee an der Verpflegungstafel. Die steht, mit mehreren aneinander gereihten Tischen in der Mensa der Erich-Kästner-Gesamtschule, droht unter ihrer Opulenz zusammen zu brechen und erinnert an das Angebot von vielen typischen Sport-, Kultur- und Bildungsveranstaltungen in der Stadt.
Die Muslimische Jugend Deutschland (MJD) hat geladen zu ihrem Regionaltreffen in Bochum, das organisiert wurde unter dem Motto „Das Spiel des Lebens“ von dem vor einem Jahr gegründeten MJD-Lokalkreis. Etwa 300 Teilnehmer sind gekommen – vornehmlich Jugendliche, mehr Mädchen und jungen Frauen als männliche Besucher, und viele von ihnen mit einem Kopftuch. Eine fundamentalistische Veranstaltung?
Toleranz und Aufgeschlossenheit
„Es gibt bei uns keinen Zwang bei uns, ein Kopftuch zu tragen oder nicht“, sagt Malika Mansouri. Die 32-jährige Juristin hat im Vorjahr die Bochumer Lokalgruppe der MJD gegründet. Die Botschaft, die an diesem Samstagmorgen in der Erich-Kästner-Schule zu hören ist, lautet: Nicht Enge ist das Credo junger Muslime, die sich mit ihrem Glauben auseinander setzen wollen, sondern Aufgeschlossenheit und Toleranz. „Wir wollen einen interreligiösen und interkulturellen Dialog schaffen“, sagt Assia El-Mahmoud (26) vom MJD-Bundesvorstand.
Parallelwelt oder gelungene Integration?
Integration durch eine Organisation muslimischer Ausrichtung – geht das? Welche Erfahrungen haben Sie mit religiösen Muslimen gemacht? Leben sie in einer Parallelwelt oder integriert in unserer Gesellschaft?
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So nimmt sie im März Teil an einer Fachtagung der Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland, das Regionaltreffen in Bochum wurde von der Robert-Bosch-Stiftung finanziell unterstützt. Denn: Es gehe darum, „das Leben bewusst als Muslim zu begreifen und es in Deutschland zu gestalten“, sagt Vorstandsmitglied Amin el Naggar aus Aachen in seiner Begrüßungsrede. Für die Gäste und Nicht-MJD’ler stellt er die Frage in den Raum: „Deutsch-islamische Identität – geht das?“
„Multiple Identitäten“
Das geht, sagt die Muslimische Jugend. Religiös sein, deutsch sein, sich zu entfalten zum Beispiel in einem Poetry Slam, beim Taek-won-do, am Computer oder wobei auch immer auch und wozu gerade junge islamische Frauen Lust haben, sei eigentlich selbstverständlich. Von „multiplen Identitäten“ spricht „Schwester Assia“, die empathisch für ein Leben nach der islamischen Lehre wirbt und zugleich das Sinnbild einer modernen Frau ist: Studentin, mehrsprachig, selbstbewusst, wortgewandt.
1994 von Jugendlichen in Berlin gegründet, sei die MJD bis heute unabhängig von einer Erwachsenenorganisation und keiner Moschee-Gemeinde zugehörig, habe es als erste verstanden, unterschiedliche ethnische, religiöse oder nationale Hintergründe zu überwinden. „Notwendigerweise brauchen wir dazu eine Umgangssprache, und die ist deutsch“, so Amin el Naggar. Es gehe darum, eine „Brücke zu schlagen zwischen Islam, Herkunftsland und der deutschen Kultur“.