Bochum. Nach 45 Jahren übergibt sie ihren Kiosk im Ehrenfeld an einen alten, aber 44 Jahre jüngeren Bekannten: Ab Sommer verkauft Simon Haß in dem Tante-Emma-Laden unter anderem fairen Kaffee. „Elli“ soll im Hintergrund aktiv bleiben. Aber das Konzept wird ein ganz neues, für das Haß noch Ideen sucht.
Leicht war die Entscheidung für sie nicht. „Loslassen ist mir schon immer schwer gefallen. Ich trenne mich ja schon seit fünf Jahren“, sagt Elli Altegoer, die sich im Ehrenfeld in den vergangenen 45 Jahren zu einer Institution entwickelt hat. Bis jetzt hatte die taffe 75-Jährige den Schritt, ihren Kiosk an der Königsallee zu verkaufen, vor sich hergeschoben und weiterhin Tag um Tag die Stellung gehalten. Bis jetzt.
Nun soll es nämlich Ernst werden mit dem Loslassen. Wenn auch in kleinen Schritten. „Elli und ich machen hier eine neue Filiale auf, mit einem ganz neuem Konzept“, ermuntert Simon Haß die Noch-Inhaberin des Kiosks. Im März wird er ihre Nachfolge antreten.
Die 73 Quadratmeter, die das zweigeteilte Ladenlokal mit angrenzendem Lagerraum ausmachen, will er renovieren und sie – mit Ellis Rat und Tat im Hintergrund – neu gestalten. Ein genaues Konzept steht noch nicht fest. Ideen hat Haß aber viele, von denen auch Altegoer sich überzeugen lässt. „Diese Tante-Emma-Geschichten, die rechnen sich ja heute nicht mehr“, sagt sie.
Zweites Baristoteles sucht kreative Unterstützung
Der 31-jährige Simon Haß betreibt bereits das Café Baristoteles am Hans-Ehrenberg-Platz und verkauft dort seit vergangenem Sommer teils selbst gerösteten, fair und direkt gehandelten Kaffee sowie restaurierte Maschinen-Raritäten. „Das kommt gut an“, meint er.
Pausenbrot, Prominenz und Partnersuche
Fast ein halbes Jahrhundert lang verkaufte Elli Altegoer in ihrem Kiosk an der Königsallee den Schülern der umliegenden Schulen ihr „Pausenbrot“.
Auch Prominenz von Herbert Grönemeyer bis Armin Rohde ging bei der lokalen Berühmtheit ein und aus.
Ihre Nachfolge tritt im März der Baristoteles-Inhaber Simon Haß an, um seine Kaffeespezialitäten „in gemütlicher und hipper Atmosphäre“ anzubieten.
Er sucht bis zur Neueröffnung im Sommer noch Interessenten, die mit kreativen Ideen die zweite Ladenhälfte bespielen wollen.
Ein ähnliches Konzept schwebt ihm auch für den rechten Teil des kultigen Tante-Emma-Ladens vor, in dem zur Zeit noch eine Wurst- und Käsetheke und Regalreihen voll Konserven das Bild prägen. Für die linke Seite könnte er sich vorstellen, einen weiteren Interessenten mit ins Boot zu holen, mit dem er sich zwar die Arbeit teilen, aber auch zusammenarbeiten will. „Eine Weinhandlung, Delikatessen, selbstgemachte Kleidung oder Möbel“ sind für Haß nur einige der denkbaren Möglichkeiten.
Altegoer und Haß kennen sich noch aus Zeiten, als er als Schüler die Freistunden in ihrem Kiosk verbrachte
Dass es Haß ist, der aus vielen Interessenten nun Elli Altegoer ablösen soll, ist kein Zufall. „Der Simon hat schon mit zwölf Jahren gesagt, ,Elli, wenn ich groß bin, dann übernehm´ ich deinen Laden’“, erinnert sich Altegoer, die Haß noch aus seiner Schulzeit kennt. Damals war er Stammkunde bei Elli, weshalb er einen Klassiker aus alten Tagen, die Weingummi-Theke und die „gemischte Tüte“, im Programm behalten will. Über die Jahre hatten sich die alten Bekannten aus den Augen verloren. Als Haß aber den Kiosk wieder aufsuchte, weil er zum Verkauf stand, konnte sich Altegoer erstmals wirklich vorstellen, das Zepter weiterzureichen. „Ich hab’ auf den Simon gewartet“, sagt sie, „hier steckt ja mein ganzes Herzblut drin.“