Bochum. Neue Leiterin der Bochumer Staatsanwaltschaft ist seit kurzem Petra Berger-Zehnpfund. Die WAZ traf die Leitende Oberstaatsanwältin am Dienstag in ihrem Büro hoch oben über dem Husemannplatz zum Interview. Im Jahr muss die Behörde mehr als 100 000 Fälle bearbeiten.

Seit wenigen Wochen ist die neue Chefin der Bochumer Staatsanwaltschaft im Amt, Petra Berger-Zehnpfund. Die 58-jährige Hernerin leitet eine Behörde mit 58 Staatsanwälten, 17 Abteilungsleitern und - für kleinere Fälle - 16 Amtsanwälten.

In der WAZ-Meldung zu Ihrer Ernennung stand, Sie seien jetzt eine der mächtigsten Frauen Bochums.

Petra Berger-Zehnpfund: Ich habe heftigst geschmunzelt, als ich das gelesen habe; ich bin ja WAZ-Abonnentin. Ich begreife mich überhaupt nicht als mächtige Frau, damit verbinde ich politische Ämter. Ich leite nur eine Behörde.

Sie waren zuletzt Chefin der Staatsanwaltschaft Düsseldorf. Warum sind Sie gewechselt?

Berger-Zehnpfund: Ich bin 20 Jahre gependelt, mit Fahrtzeiten pro Strecke bis zu 1,5 Stunden. Jetzt fahre ich 20 Minuten. Außerdem komme ich aus der großen Wirtschaftsabteilung der Staatsanwaltschaft Bochum. Das ist besonders schön, wenn ich wieder in die Heimatbehörde komme.

Was sind die Grundtugenden einer Leitenden Oberstaatsanwältin?

Berger-Zehnpfund: Gut zuhören, sich beraten lassen, nicht beratungsresistent sein. Ich bin seit 2002 Führungskraft, und in allen diesen Aufgaben habe ich davon profitiert, mich auszutauschen und mir Rat zu holen. Was auch wichtig ist: eine ausgeprägte Kommunikationsfähigkeit, die es einem ermöglicht, den Kollegen Entscheidungen verständlicher zu machen.

„Angst vor Berühmten und Prominenten darf nicht aufkommen“

Die Schwerpunktstaatsanwaltschaft gegen Wirtschaftskriminalität hat bundesweit den Ruf, ehrgeizig und zupackend zu sein, auch gegenüber großen Namen. Ein Journal titelte „Die Großwildjäger“.

Berger-Zehnpfund: Den Begriff mögen wir nicht. Wir sind Staatsanwälte, keine Großwildjäger. Zutreffend ist aber, dass die Kollegen sehr engagiert und erfolgreich arbeiten. Die Staatsanwälte müssen zupacken und Angst vor Berühmten und Prominenten darf nicht aufkommen. Das sieht das Gesetz auch nicht vor.

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Die Staatsanwaltschaften bekommen täglich massenhaft neue Fälle auf den Tisch. Ist das überlastend?

Berger-Zehnpfund: Im Jahr 2012 waren es rund 55.000 neue Verfahren gegen namentlich bekannte Beschuldigte. Hinzu kommen rund 49 000 gegen nicht ermittelte Personen. Das ist ein anspruchsvolles Arbeitspensum. Derzeit gibt es krankheitsbedingt bei den Amtsanwälten eine besondere Belastung. Ich freue mich daher, dass alle Staatsanwälte zur Unterstützung der Amtsanwälte bereit sind. Wir können trotz der Vielzahl der Fälle noch sachgerecht ermitteln, die Computer-Unterstützung hilft uns dabei sehr.

Sehen Sie eine Zunahme der Gewaltbereitschaft und der Kriminalität insgesamt in der Gesellschaft?

Berger-Zehnpfund: Was ich feststelle, ist eine intensivere Gewaltbereitschaft als früher: Man tritt auf den bereits am Boden Liegenden ein, was früher ein absolutes Tabu war. Eine absolut sinnlose Gewalt. Ich weiß nicht, woran das liegt; ich bin keine Soziologin. Eine Zunahme der Kriminalität insgesamt kann ich allerdings nicht feststellen.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt zurzeit auch wegen Steuerhinterziehung deutscher Anleger in der Schweiz. Wie ist der Stand?

Berger-Zehnpfund: Es geht um Datenträger von der Schweizer UBS-Bank, mit rund 700 Stiftungsfällen und weiteren 500 Fällen von Privatanlegern. Es hat bereits eine erkleckliche Anzahl an Durchsuchungen gegeben. Die Beweise werden zurzeit ausgewertet. Das Anlagevolumen beträgt 3,5 Milliarden Franken.