Bochum. Die Staatsanwaltschaft Bochum hat Anklage gegen Fleischunternehmer und Schalke-Aufsichtsratschef Clemens Tönnies erhoben. Das bestätigte am Mittwoch Oberstaatsanwalt Bernd Bienioßek gegenüber der WAZ. Auch zwölf weitere, teilweise ehemalige Mitarbeiter des Tönnies-Konzerns wurden angeklagt.
Die Staatsanwaltschaft Bochum hat Schalke-Boss Clemens Tönnies angeklagt. Die Anklage lautet auf Betrug. Tönnies und zwölf weitere Beschuldigte sollen entgegen den mit den Abnehmern getroffenen Vereinbarungen gemischtes Hackfleisch mit einem zu geringen Rindfleischanteil produziert, unzutreffend ausgezeichnet und geliefert haben, meinen die Ermittler. Da der Rindfleischanteil den Ermittlungen zufolge "wertbildender Faktor für den vereinbarten Preis gewesen ist, soll den Abnehmern nach Anklage hierdurch ein Schaden in Millionenhöhe entstanden sein". Weitere Angaben machte die Staatsanwaltschaft zum Inhalt der Anklage nicht.
Die Angeschuldigten haben den Betrugsvorwurf, soweit sie sich zur Sache überhaupt geäußert haben, zurückgewiesen. Auch Tönnies bestreitet die Vorwürfe. Er sagt, die in Rede stehenden Fleischprodukte seien völlig in Ordnung gewesen.
Die Anklage ist bei einer Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Essen erhoben worden. Das Gericht hat aber noch nicht entschieden, ob es die Anklage für verhandlungswürdig hält und zulässt. Der Grund für die Essener Zuständigkeit ist unbekannt; möglicherweise hat aber einer der mutmaßlich Geschädigten seinen Firmensitz dort. WAZ-Informationen zufolge sollen zwei große Discounter geschädigt worden sein. Allerdings sollen diese bisher gar keine Schadensersatzforderungen an Tönnies gestellt haben.
"Überaus fragwürdig"
Die Ermittlungen hatten sich über fast drei Jahre hingezogen. Weil die Sache völlig streitig ist, wurde sehr zäh gerungen. Schließlich geht es Tönnies um den Ruf seines Riesenunternehmens, an dem ganze Wirtschaftszweige und massenhaft Arbeitsplätze hängen. Mit der jetzigen Anklageerhebung scheinen die Fronten nun völlig verhärtet.
Die Staatsanwaltschaft hatte Tönnies nach WAZ-Informationen bereits vor einigen Monaten einen Strafbefehl über ein Jahr Haft auf Bewährung angeboten - eine Verurteilung ohne öffentlichen Prozess. Das nahm der Beschuldigte aber nicht an. Lediglich eine Geldstrafe soll er für überlegenswert gehalten haben, damit die Sache endlich vom Tisch komme. Eine solche Strafe wiederum akzeptierte die Staatsanwaltschaft angeblich nicht - und ging jetzt in die Vollen: Anklage wegen Betruges. Sie will einen öffentlichen Strafprozess.
Völlig ungewöhnlich für derartige Verfahren: Die Verteidigung ist ihrerseits bereits am Dienstagabend an die Öffentlichkeit getreten und hat die Anklageerhebung selbst mitgeteilt. Darin heißt es, dass von ursprünglich 24 Vorwürfen bis auf einen einzigen alle fallengelassen worden seien. Zugleich nannte sie die Zuweisung des Verfahrens nach Bochum durch den Generalstaatsanwalt in Hamm "überaus fragwürdig". Der Fall hätte wegen des Tönnies-Firmensitzes in Rheda-Wiedenbrück normalerweise bei der Staatsanwaltschaft Bielefeld ermittelt werden sollen.