Bochum. . Kurz vor Weihnachten will das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen über die Klage des Bochumer Ratsherrn Gräfingholt entscheiden. Ihm hatte die einstündige Akteneinsicht nicht gereicht. Er möchte den kompletten Vertrag als Kopie haben. Ihm geht es auch darum, auf wieviel Transparenz der Rat Anspruch hat.

Der Steag-Deal der Stadtwerke bekommt – wenn auch nur mittelbar – ein Nachspiel vor einem deutschen Gericht. Lothar Gräfingholt (CDU) wollte vom Verwaltungsgericht geklärt wissen, ob Ratsmitglieder Anspruch haben auf Kopien des kompletten Vertragswerks. Akteneinsicht wurde damals zwar gewährt. Doch das reichte dem Politiker nicht, um sich eine Meinung zu bilden. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat jetzt für den 18. Dezember einen Verhandlungstermin festgesetzt.

Durch die jetzt laufende Debatte über den Erwerb der restlichen 49 Prozent der Steag-Anteile durch die Kommunale Beteiligungsgesellschaft der Stadtwerke aus Bochum, Dortmund, Essen, Dinslaken, Duisburg und Oberhausen bekommt das Verfahren „Gräfingholt gegen die Stadt Bochum“ zusätzlichen Zündstoff. Vor allem der Wertverlust nährt derzeit Zweifel, ob jetzt überhaupt gekauft werden sollte. Mit rund 108 Mio Euro wären wieder die Bochumer Stadtwerke im Boot. „Ich will einfach klären lassen, wie viel Transparenz gegenüber Ratsmitgliedern erlaubt ist“, so Gräfingholt. Zu Einzelheiten des Verfahrens wollte sich der CDU-Ratsherr nicht äußern.

Unumstrittenes Beteiligungs-Geschäft

Dabei ist die Geschichte sattsam bekannt: Im Dezember 2010 hatte die Ratsmehrheit bereits dem schon damals nicht unumstrittenen Beteiligungs-Geschäft zugestimmt. Mit ihrem Anteil von 18 Prozent war der Bochumer Versorger an dem 614-Millionen-Euro- Geschäft beteiligt.

Als dann im Januar/Februar 2011 der Rat ein Votum zum Zukauf der restlichen 49-Prozent-Anteile geben sollte, verlangte die Politik nachdrücklich, die Verträge sehen zu wollen. Zunächst soll es Signale aus dem Rathaus gegeben haben, dass die städtische Tochter das Vertragspaket in Kopie zur Verfügung stellen könne. Doch erst am Tag der entscheidenden Ratssitzung vom 3. Februar 2011 sei interessierten Ratsmitgliedern das dicke Aktenbündel zur Ansicht vorgelegt worden. „Ich hatte ungefähr eine Stunde Zeit, diese Unterlagen zu lesen“, erinnert sich Gräfingholt. Zu einer vernünftigen Bewertung habe das nicht ausgereicht.

Transparenz-Gebaren auf Prüfstand

Nach Informationen dieser Zeitung sollen die Anwälte der Stadtwerke vom Gericht zu Einlassungen aufgefordert worden sein. Denn, obwohl formal ein Rechtsstreit mit der Stadt, ist es doch in Wirklichkeit der öffentliche Energieversorger, dessen Transparenz-Gebaren auf dem Prüfstand steht.

Wenn Bernd Wilmert am 11. Dezember in den Hauptausschuss kommt, kann er noch recht frei aufzeigen, wo denn die Reise hingeht. Im Rat acht Tage später, hat ihn möglicherweise das Gericht gezwungen, mehr auf den Tisch zu legen als ihm vielleicht lieb ist.