Bochum. Der Rettungsdienst der Stadt Bochum probte am Herztag mit den Schülern des Neuen Gymnasiums den Ernstfall, simulierte Herzattacken und lehrte Erste Hilfe. Es dauerte Minuten, ehe einem zusammengebrochenen Darsteller geholfen wurde.
Als Adrian Vogler zusammenbricht, schlendern und stürmen die Schüler des Neuen Gymnasiums in ihre Klassenräume. Draußen vor der Schule stauen sich die Autos der Eltern, die ihre Kinder gerade noch pünktlich abliefern. In der Aula liegt Vogler, ein 27 Jahre junger Mann, vollkommen reglos auf dem kalten Kunstoffboden.
Zwei Mädchen huschen vorbei, sehen ihn wohl nicht. Einige Jungs gucken unter das Dach der Aula, machen Späße, schubsen, lachen. Wenn morgens Hunderte Schüler zu den Treppenaufgängen strömen, ist es laut und unübersichtlich in der Aula. Und Vogler bleibt unbeachtet. Er stöhnt, als er zusammensackt, quetscht noch ein paar Silben heraus, die kaum jemand hört, dann fasst er sich ans Herz.
Fast niemand hilft
Der Siebtklässler Robin Wischnewski sagt: „Er hat noch geschrien: ,Ah, mein Herz!’“
„Und dann lag der da“, sagt Wischnewskis Kumpel Robin Kachel-Oldach.
Mit Klassenkamerad Jakob Stratenwerth saßen die beiden an einem Tisch in der Aula. Sie haben Vogler gesehen, als der das Schulgebäude betrat. „Da dachten wir uns nichts dabei“, sagt Stratenwerth, „ein Oberstüfler, ein neuer Lehrer, irgendein Erwachsener.“
Als Vogler auf den Boden sackt, zögern die Jungen, sehen sich unsicher um. Dann gehen sie zu ihm. Die drei Jungs und eine Neuntklässlerin, die per Handy die 112 wählt, sind die Einzigen in einer vollen Aula, die erkennen, dass der Mann am Boden Hilfe braucht.
„Weil keiner wusste, was er machen soll.“
Später wird Vogler, ein Feuerwehrmann in der Ausbildung zum Brandinspektor und in dieser Szene nur Darsteller in einer Schulübung zum Herz-Tag, die Jungs für ihren Einsatz loben. Sie haben ihn angesprochen, ihn geschüttelt, die Atmung und den Puls geprüft. „Das einzige, was gefehlt hat, war, noch Hilfe zu rufen.“ Aber das tat in der Zwischenzeit die Neuntklässlerin.
Christoph Hanefeld, Ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes, schätzt, dass es bis zu zwei Minuten gedauert hat, bis Vogler geholfen wurde: „Weil keiner wusste, was er machen soll.“ Er ist mit dem Herz-Tag in diesem Jahr ins Neue Gymnasium gezogen, um dort Schülern das Herz und Erste Hilfe zu erklären: „Wenn er da liegt und keinen Puls hat, könnt ihr ihm nicht schaden, dann könnt ihr ihm nur helfen“, sagt der Arzt den Schülern.
Wischnewski sagt, er habe „sich ein bisschen verarscht“ gefühlt, als Vogler plötzlich aufstand, „aber dann war es ein gutes Gefühl".
Mehrere Lehrer, auch im Sport- und im Chemie-Unterricht, brachen gestern zusammen, um Schülern den Notfall nahe zu bringen. Vogler täuschte im Lehrerzimmer später noch einen wütenden Vater vor, der eine Herzattacke hat.