Bochum. . Ein gutes halbes Jahr, nachdem der fünfjährige Mussa von einem aus rund zehn Metern Höhe hinabgeworfenen Sessel lebensgefährlich verletzt worden ist, müssen sich nun vier Menschen vor Gericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft hält nicht allein den Werfer für verantwortlich.
Es war eines der fürchterlichsten Unglücke in diesem Jahr in Bochum. Der fünfjährige Mussa aus Bochum-Dahlhausen war am 29. Mai beim Fußballspielen in der Einfahrt eines benachbarten Mehrfamilienhauses von einem schweren Sessel am Kopf getroffen worden. Das Möbelstück kam beim Entrümpeln aus einem Fenster in zehn Metern Höhe geflogen und streckte das Kind brutal nieder.
Der Junge schwebte damals in akuter Lebensgefahr. Jetzt hat die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben, nicht nur gegen den mutmaßlichen Sesselwerfer (24), sondern auch gegen drei weitere Menschen. Der Vorwurf: fahrlässige Körperverletzung. Das erklärte am Dienstag ein Gerichtssprecher auf Anfage.
Es passierte damals gegen 18 Uhr. Plötzlich lag Mussa reglos am Boden. Die Zunge hing heraus, das Gesicht verfärbte sich, die Atmung setzte zeitweise aus. Sein Leben hing am seidenen Faden. Am Unglücksort brachen Entsetzen und Angst aus. Der Vater (37) transportierte seinen Sohn sofort ins Krankenhaus, wo er stundenlang notoperiert wurde. Neun Tage später wachte Mussa, ein starker Bursche, aus dem Koma auf. Der Vater: „Als er dann einen Finger bewegt hat, war das für uns wie ein neugeborener Junge.“
Sperrmüllhaufen war nicht abgesperrt
Der damalige Eigentümer (51) der Nachbarwohnung hatte laut Anklage einen 24-jährigen Mann beauftragt, die Räume im zweiten Stock zu entrümpeln. Auch ein weiterer Mann (39) wurde dafür engagiert. Der 51-Jährige soll die beiden angewiesen haben, solche Teile, die nur schwer durchs Treppenhaus zu schleppen waren, einfach durchs Fenster auf die Hofeinfahrt zu werfen.
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Dort unten lag bereits ein großer Sperrmüllhaufen – ohne Absperrung. Neben diesen Männern hat Staatsanwalt Dietrich Streßig auch die Ehefrau (53) des damaligen Eigentümers angeklagt. Auch sie soll objektiv gegen die Sorgfaltspflicht verstoßen haben, weil bekannt gewesen sei, dass dort Kinder spielen.
Genesung ist „erstaunlich gut fortgeschritten“
Mussa lebt bis heute in einer Rehaklinik im Rheinland. Ende November soll er nach Hause kommen, wo er weiter ambulant versorgt wird.
Herbert Weber vom Weißen Ring, der sich sehr um die sechsköpfige Familie gekümmert hat : „Er kann sich schon ohne Rollstuhl für eine kurze Zeit bewegen, muss ihn dann aber wieder beanspruchen.“ Es sei wohl noch eine weitere Operation erforderlich.
Teilweise würden zwar geistige Einschränkungen auftreten, dennoch sei die Genesung von so einer schweren Verletzung „erstaunlich gut fortgeschritten“.