Bochum.

Die erste Begegnung mit Gabriele Lange (62) ist sogleich ein Treffen auf ein gutes Stück Hofstede. Zu Füßen des Denkmals „Knochen-Karl“ an der Herner Straße beginnt der Rundgang durch einen Stadtteil, der vor allem wegen des Straßenverkehrsamts und des Hannibal Centers bekannt ist.

„Heinz Esken ist ein guter Bekannter von mir“, verrät Lange über den Mann, der den „Knochen-Karl“ einst fand und ihn 1987 zurück nach Hofstede brachte. Jetzt steht die Skulptur von Joseph Enseling wieder an der Herner Straße am Ort des ehemaligen Schacht 1 und erinnert bis heute an 475 im Ersten Weltkrieg gefallene Bergleute der Zeche Constantin. „Von hier aus kann man bis zu den Grummer Teichen durchs Grüne laufen“, sagt Gabriele Lange und deutet auf einen Fuß- und Fahrradweg, der von der Vierhausstraße abgeht.

Allerdings startet der Spaziergang durch Hofstede in die andere Richtung. Auf der Poststraße dekorieren mondäne Löwenskulpturen einen der wenigen Altbauten hier. Linker Hand taucht in Sichtweite ein großer Medien- und Elektrohandel auf. Geschäftsräume, die Kindheitserinnerungen von Gabriele Lange bergen. Ihre Eltern arbeiteten beim Arzneimittelhandel Jacobi, der in diesem Bau ansässig war und dort geräumige Werkswohnungen vermietete. Die Familie zog darum 1960 mit ihren drei Kindern von Eppendorf nach Hofstede.

Geflügelzucht von Marmelshagen

Die Gemeindestraße hinauf geht es vorbei an Langes heutigem zu Hause in einer ruhigen Wohnstraße, mit einem begrünten Kinderspielplatz in der Nachbarschaft. Für diesen wünscht sich Lange als Bezirksvertreterin (SPD) und Großmutter allerdings ein paar Neuheiten.

„Wenn ich morgens aufwache, höre ich die Hühner gackern, zumindest wenn meine Enkelinnen da sind, sonst höre ich sie aus Gewohnheit gar nicht mehr“, schmunzelt sie. Gerne besucht sie mit den zwei Mädchen die Kleintierhaltung Marmelshagen, gleich hinter ihrem Haus. Die Vereinsmitglieder züchten dort Rassegeflügel wie Enten, Tauben und Zwerghühner in ihren Gärten. Bei Langes Spaziergängen vorbei an teils bunten Lauben singt die Oma mit den kleinen Mädchen „Alle meine Hühner.“

„Die Stadtteile bluten aus“

Durch die Straße „In der Provitze“, die als Schleichweg zum Hannibal Center dient, führt Lange zum alteingessenen Gastwirt Josef Röper (80). Röper leitet seine Gasttätte, die auch nach ihm benannt ist, seit 45 Jahren an der Dorstener Straße. Früher als die Bergleute kamen und der Sportverein SV Phoenix gleich gegenüber auf dem Fußballplatz spielte, war sein Laden eine Institution.

Er hatte sogar Duschen im Keller, wo die Sportfreunde sich nach dem Training für den Umtrunk erfrischen konnten. In der Gasttätte gaben sich Sportler viele Jahrzehnte die Klinke in die Hand „Der Tennis-Club Grün Weiß ist hier am Tisch entstanden“, berichtet Röper. Auch im Radsport hatte der Gastwirt seine Finger im Spiel. Er engagierte sich in der Fachschaft Radsport für den Stadtsportbund .

Großes Bedauern ist bei Röper spürbar darüber, dass das jährliche große Radrennen in der Stadt nicht mehr an seinem Haus an der Dorstener Straße vorbeiführt. „Die Stadtteile bluten aus, wenn alle Großveranstaltungen in die Innenstadt geholt werden“, merkt er an. Der Spaziergang durch Hofstede endet hier bei Kaffee und Kirschtaschen, serviert von Christel Röper. Doch wer noch ein Stück weiter wandern möchte, erreicht den Hofsteder Weiher, ein kleines Naturschutzgebiet, das die vielen Autos und die zweckmäßige Atmosphäre rund um das Hannibal Center fast vergessen lässt.