Bochum.

Bochum. Wer in Stiepel von der Königsallee kommend rechts in die Gräfin-Imma-Straße einbiegt, steuert geradewegs auf Bochums mithin schönstes Fleckchen Erde zu.

Über eine sanfte, mit gepflegten Einfamilienhäusern bebaute Hügellandschaft kommt er nach ein, zwei Kilometern nach Brockhausen und genießt einen weiten Blick über das Ruhrtal. Es herrscht eine bäuerliche Idylle dort. Nicht einmal das Dauerrauschen der nahen A43, wie es leider am Kemnader See der Fall ist, dringt in diese naturnahe Ruhe, die über dem grünen Ortsteil liegt. Wer dort lebt, hat ein Stück Glück gepachtet.

Gepflegte Gärten und Häuser

„Ich bin unheimlich stolz, hier geboren worden zu sein“, sagt Edith Hasenkamp. Sie ist jetzt 78 Jahre alt und wohnt immer noch dort. Hinter ihr strahlen gepflegte Gärten und Wohnhäuser um die Wette, meist frei stehende, denn viele Bewohner dort sind wohlhabend. Fahrradfahrer bewegen sich ohne Eile am Leinpfad und an Reiterhöfen entlang und überholen gleichgestimmte Wanderer, die mit dem Fotoapparat die schönen Ausblicke festhalten. Über der anderen Flussseite erhebt sich zum Beispiel die Burg Blankenstein. „Jetzt gucken Sie sich das Bild an!“, sagt Edith Hasenkamp ganz begeistert zum Reporter.

In ihrer Jugend fuhr dort noch ein Fährmann hinüber, Gustav Diergardt, der „Eiserne Gustav“ genannt. Für einen Groschen ruderte er sie hinüber. Die Gaststätte „Zur Alten Fähre“ erinnert noch daran. Der „Eiserne“ hieß er, weil man - wenn man zurück wollte, die Fähre aber außer Betrieb war - an einem Stück Eisen klopfen musste. Dadurch wurde der Fährmann aufmerksam und holte die Fahrgäste zurück auf Stiepeler Gebiet.

Zum Einkaufen nach Stiepel-Frische

Edith Hasenkamp leitete 25 Jahre lang die Post an der Brockhauser Straße. Die Filiale gibt es längst nicht mehr. Es gibt auch keinen Supermarkt. Zum Einkaufen muss sie mit dem Auto („Ich fahre 40 Jahre unfallfrei!“) nach Stiepel-Frische hoch fahren. Auch Gaststätten gibt es nur noch wenige im Dorf. Dafür bietet der Ortsteil eine Entspanntheit, die in der Hektik der Ruhrgebietsmetropole Bochum immer mehr zum Luxus geworden ist.

Die Ruhrauen liegen unberührt zwischen Ufer und Straße und bieten vielen Vögeln eine Heimat. Früher, wenn die Auen unter Wasser standen und zufroren, erzählt Edith Hasenkamp, sei sie dort Schlittschuh gefahren. „Das ist alles noch wie früher“, sagt die 78-Jährige. „Das ist Wasserschutzgebiet. Da ist kein Haus hinzugekommen.“ In dieser Natur eine Baugenehmigung zu bekommen, ist so wahrscheinlich, wie dass die Ruhr wieder für den Kohletransport freigegeben würde.

"Ich habe alles, was ich brauche"

Der WAZ-Spaziergang führt auch vorbei an der früheren Schmiede Kamplade, ein uriges Fachwerkhaus wie aus dem Bilderbuch, und vorbei auch an der alten Zeche „Pfingstblume“ mit ihren grünen Fensterläden. Und natürlich geht es auch zur 1005 Jahre alten Dorfkirche, wo Edith Hasenkamp vor 64 Jahren konfirmiert wurde. „Ich könnte mir nirgendwo anders vorstellen zu wohnen“, sagt die Stiepelerin, die ihr Zuhause immer noch an der Brockhauser Straße hat. „Ich habe alles, was ich brauche.“