Bochum. Bei der Aktion „WAZ öffnet Pforten“ haben am Dienstag zehn Leserinnen und Leser das Bochumer Gefängnis besucht. 688 Gefangene sind dort eingesperrt.

Die JVA Bochum ist ein riesiger Mikrokosmos, eine Stadt mitten in der Stadt. Fast niemand kommt dort hinein; außer natürlich, man begeht Straftaten oder arbeitet dort. Zehn WAZ-Leserinnen und -Leser konnten am Dienstag trotzdem die gesiebte Luft dort schnuppern. Die Aktion „WAZ öffnet Pforten“ machte es möglich.

„Der beste Knast taugt nichts“, sagt Rolf Lensing, Leiter des Vollzugsdienstes, und meint damit, dass ein Gefängnis trotz aller Fortschritte im Vollzug immer ein Gefängnis bleibt - mit all seinen Härten. Die meisten Hafträume stammen von 1897, als das Gebäude noch „königlich-preußisches Zentralgefängnis“ hieß. Acht Quadratmeter klein ist eine Zelle in den alten Trakten. Wer nach draußen gucken will, muss auf einen Tisch steigen, weil das Fenster so hoch gemauert ist. In den großen Fluren hängen Netze, damit sich niemand in die Tiefe stürzt oder Gegenstände hinunterwirft. Eine Leserin meint, in so einer Atmosphäre würde sie das Leben nicht aushalten.

98 Prozent der Gefangenen wollen ihre Ruhe haben

In einem neueren Häftlingstrakt sieht das Leben deutlich weniger düster aus. Die Zellen sind größer (11,5 Quadratmeter) und die Fenster auf Normalniveau. Ein Häftling hat darin viele BVB-Fanartikel aufgehängt. „Die Fahne gehört nicht mit zur Strafe. Das Los hat er sich selbst ausgesucht“, flachst Vollzugsbeamter Werner Brüggemann.

In den Neubau kommt aber nur, wer sich anständig führt. Bei Haftlockerungen gilt das Ampel-Prinzip: rot-gelb-grün. Über sein Sozialverhalten kann man sich nach oben, nach grün hin arbeiten. Freilich: Wer Mist baut und seine kleinen Freiheiten nicht zu würdigen weiß, ist schnell wieder bei „rot“. 98 Prozent der Häftlinge aber, heißt es, wollten ihre Ruhe haben und seien friedlich. Zumindest innerhalb des Knastes.

Eine Welt voller Gitter, Mauern und Schlösser

Die beiden Vollzugsbeamten kommen bei den Lesern gut an. Sie räumen mit vielen Knast-Klischees auf (nein, ein Schwimmbad gibt es nicht) und sprechen informativ und locker. „Wir sind eines der besten ausgebuchten Hotels der Stadt“, sagt Lensing und nennt Zahlen. 800 Haftplätze hat die JVA, zurzeit sind 688 belegt. 45 sitzen eine "lebenslange Strafe" ab. Aber auch ganz „kleine“ Täter sind dort eingesperrt, manche nur für zwei Wochen. „Wir sind quer durchs Strafgesetzbuch besetzt“, sagt Lensing. 333 Vollzugsbeamte, darunter 66 Frauen, arbeiten dort.

Die WAZ-Leser werden auch über die Innenhöfe geführt. Sie sehen die Häftlinge dort spazierengehen, joggen oder einfach nur miteinander plaudern. Sie sind so nah und doch himmelweit entfernt. Alles ist durch Zäune getrennt, wie auch sonst diese ganze Welt dort mit Gittern, Mauern, Natodräthen und Schlössern vollgestopft ist.

Nach zwei Stunden ist die Führung vorbei. Die Leser holen ihre Wertsachen aus einem Schließfach und tauschen ihre Besuchermarke gegen ihre Personalausweise. Die Eindrücke werden sie wohl so schnell nicht mehr vergessen.