Bochum. Im Bochumer Stadtbild sind zunehmend die Graffiti-Schriftzüge „ACAB“ zu sehen. Die anonymen Verursacher beschimpfen die Polizei damit als „Bastarde“. Der Bochumer Polizeidirektor Ulrich Grzella spricht von einer „allgemeinen Staatsverdrossenheit“, für die die Polizei herhalten müsse. „Das ist die Sündenbock-Theorie.“

Vor allem an den großen Straßen und in den Randgebieten der Stadt ist der Graffiti-Spruch „ACAB“ mittlerweile unübersehbar. An vielen Brücken und Beton- und Lärmschutzwänden haben Unbekannte die Abkürzung für „All cops are bastards“ gesprüht, zu deutsch: „Alle Polizisten sind Bastarde.“ Schon seit vielen Jahren begleiten diese oft aufwändig gestalteten Ziffern das Stadtbild. Und die Tendenz ist steigend. „Es wird mehr“, sagte Polizeidirektor Ulrich Grzella auf Anfrage der WAZ.

Der Leiter der Inspektion Bochum fährt selbst jeden Tag an diesen Schmähungen vorbei. „Was mich ein bisschen ärgert: Die erreichen die Leute“, sagt Grzella über die Verursacher. „ACAB“ sei eine „Pauschal-Verunglimpfung“ seiner ganzen Berufsgruppe.

Beispiel Donezk-Ring, Beispiel A 40: Dort prangen die Schriftzüge zuhauf. Mancher Autofahrer sieht gar nicht hin, mancher hat sich daran gewöhnt, mancher weiß gar nicht, wofür die Buchstaben stehen.

Strafbar oder nicht - das sehen die Juristen völlig unterschiedlich

Grzella sieht das alles „grundsätzlich gelassen“. „Es ist nicht so, dass man sich immer wieder aufs Neue grämt. Es gibt Wichtigeres.“ Dennoch könne er die Beschimpfung „nicht nachvollziehen“. Man könne die Polizei ja kritisieren, sie mache sich ja nicht nur Freunde, weil die Situationen, in denen sie auftrete, meist „belastend“ seien. Aber die Beamten seien speziell geschult und würden versuchen, alles immer „handwerklich sauber und und korrekt“ zu regeln, auch kommunikativ. Beschwerden gebe es wenig, das zeige, „dass uns das in der Tendenz klar gelingt“. „ACAB“ bringe das Bild der Polizei „in eine Schieflage“.

„Wir werden verantwortlich gemacht für alle Missstände der Gesellschaft“

Die Verursacher sind anonym. Grzella vermutet sie eher nicht unter den „Ultras“ der Fußballfans, sondern in „Randgruppen“ des rechten und linken politischen Spektrums. Sollte jemand mal gefasst werden, muss er zwar mit einer Anzeige wegen Sachbeschädigung rechnen. Ob aber auch der Spruch selbst strafbar ist, darüber streiten die Juristen. In Norddeutschland sei man da liberaler als in Süddeutschland, meint Grzella. Viele Gerichte halten „ACAB“ nur dann für eine strafbare Beleidigung, wenn sie im konkreten Kontakt zur Polizei geäußert wird. Verlassen sollte man sich darauf je nach Gericht aber nicht.

Als Ursache für die Zunahme dieser Sprühereien sieht Grzella eine allgemeine Respektlosigkeit. „Die Hemmschwelle ist geringer geworden.“ Und eine „allgemeine Staatsverdrossenheit“. Die Polizei sei ja der Vertreter dieses Staates: „Wir werden verantwortlich gemacht für alle Missstände der Gesellschaft. Das ist die Sündenbock-Theorie.“