Bochum. . Musik lindert Schmerzen. Behauptet der Musiker und Psychiatrie-Professor Peer Abilgaard und berichtete beim WAZ-Medizinforum von einem Experiment. Patienten, die sich einer Operation mit örtlicher Betäubung unterzogen, wurden per Kopfhörer mit ihrer Lieblingsmusik beschallt. Ob Bach oder AC/DC: Bei 60 Prozent mussten weniger Schmerzmittel verabreicht werden. Und auch der Heilungsprozess wurde beschleunigt.
Musik und Psyche: Als „Faszinosum“ bezeichnet Musikschulleiter Manfred Grunenberg die Wechselwirkung zwischen wohligen Klängen und seelischem Wohlbefinden. Von „positiven Ressourcen“ spricht Prof. Dr. Georg Juckel, Chef des LWL-Universitätsklinikums. Sein Mut, einmal kein konkretes Krankheitsbild, sondern die eher abstrakte Behandlung von Musik und Psyche zum Thema eines WAZ-Medizinforums zu machen, wurde belohnt: Knapp 100 Leserinnen und Leser füllten am Donnerstagabend das St. Josef-Hörsaalzentrum.
Allen Besuchern sind sie wohl bekannt: die Glücksgefühle, die der Botenstoff Serontonin beim Musikhören und Musizieren entfacht. Für das Seelenheil ist das Hormon von großer Bedeutung. Juckel: „Zu wenig Serontonin birgt die Gefahr psychischer Erkrankungen. In ausreichender Dosis hält es die Psyche im Gleichgewicht.“ Die Musiktherapie macht sich das zunutze. Menschen mit Psychosen, Depressionen, Ängsten werden mit Musik „behandelt“. Oft mit nachhaltigem Erfolg.
"Mut zur Stille"
Doch Musik kann auch eine Belastung sein. Ludwig Kaiser schwärmte beim WAZ-Forum von seiner beglückenden Arbeit als Kantor der Melanchtonkirche. Umso angewiderter ist er von der musikalischen Dauerberieselung per Radio oder MP3-Player, in Supermärkten, Arztpraxen oder durch nervtötende Klingeltöne. „Niemand fragt uns, ob wir das wirklich wollen. Die Poren der Wahrnehmung werden verstopft. Wir verlieren das Empfinden für wahrhafte Musik“, warnt Ludwig Kaiser und appelliert an den „Mut zur Stille“. Ausgerechnet der Berufsmusiker tönt: „Wir alle sollten uns musikfreie Räume erobern.“
Das genaue Gegenteil wirkte bei einer Seniorin, über die der Duisburger Professor Peer Abilgaard ebenfalls erzählte. Die 94-Jährige ist noch gut beieinander, hat aber den krankheitsbedingten Drang, ständig laut zu rufen. Ihre Umgebung ist zunehmend gestresst. Der Professor wusste Rat. Wie den Patienten im OP setzte er der alten Dame einen Kopfhörer mit ihrer Lieblingsmusik auf. Seither hört sie täglich stundenlang Puccini. Das Rufen ist vorbei. Die 94-Jährige hat nur einen Wunsch: „Lauter!“