Bochum. . Wie bürgernah ist das Finanzamt? Als eine WAZ-Leserin wie viele andere in diesen Wochen ihre Steuererklärung einreichte, wurde sie mit ihren Fragen schroff abgewiesen. Das Bochumer Finanzamt wirbt um Verständnis: Zwar bemühe man sich, zu helfen - für eine individuelle Beratung fehle aber die Zeit.

„Das hätte höchstens zehn Minuten gedauert.“ Die WAZ-Leserin will ihren Namen nicht in der Zeitung sehen: „Sonst kriege ich womöglich noch mehr Ärger mit dem Finanzamt.“ Den hatte sie schon reichlich. Regelrecht abgebügelt worden sei sie von einem der Mitarbeiter. „Dabei hatte ich doch nur ein paar Fragen...“

Wie Zehntausende andere Steuerzahler in unserer Stadt reichte die Bochumerin in diesen Wochen ihre Steuererklärung beim Finanzamt ein. „Die Sachbearbeiterin war sehr nett und zeigte sich hilfsbereit“, schildert sie. „Doch als ich wissen wollte, ob alle Unterlagen komplett sind, stürmte ein Kollege ins Büro und polterte: ,Wir sind hier keine Steuerberater!’ Ich musste ‘raus, ohne dass meine Fragen beantwortet wurden“, berichtet die Leserin und fragt: „Was kann ich als Bürgerin für meine Steuergelder vom Finanzamt erwarten? Ist es rechtens, derart schroff abgewiesen zu werden?“

„Sicherlich nicht“, erklärt Franz Josef Brüggemeier, Vorsteher des Finanzamts Bochum-Mitte. Allgemeine Auskünfte zur Steuererklärung, wie sie auch im Begleitheft stehen, könnten sehr wohl erteilt werden. „Das betrifft etwa die Frage, ob die Unterlagen nach erster Durchsicht vollständig und alle erforderlichen Beläge vorhanden sind“, erläutert der Behördenchef.

205 Mitarbeiter für 190.000 Bürger

Grenzen seien dem Finanzamt indes bei der individuellen Beratung gesetzt. Diese Befugnis hätten allein hauptberufliche Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Lohnsteuerhilfevereine. „Zwar versuchen wir, den Kunden so weit wie möglich zu helfen. Beispiel: Bei Handwerkerleistungen weisen wir darauf hin, dass nur Lohn-, nicht aber Materialkosten absetzbar sind. Inhaltlich ist das aber nur in begrenztem Umfang erlaubt. Niemand darf erwarten, dass wir für ihn die Steuererklärung ausfüllen“, betont Franz Josef Brüggemeier.

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Für eine umfassendere Beratung fehle meist auch die Zeit. Allein das Finanzamt Mitte ist für 190.000 Bürger zuständig. Die 205 Beschäftigten bearbeiten mehrere hunderttausend Erklärungen und Bescheide. Ist der Andrang – wie jetzt in den ersten Monaten des Jahres – groß und die Schlange vor der Info-Theke im Bürgerbüro lang, sei es „schlichtweg unmöglich, sich ausführlich um jeden einzelnen Kunden zu kümmern. Da können wir allenfalls gucken, ob Unterlagen fehlen. Mehr geht nicht. Fünf Einzelfragen können da schon zu viel sein“, so der Amtsvorsteher.

Gleichwohl sei Kritik am Finanzamt „nur selten zu vernehmen. Im Gegenteil: Die allermeisten Bürger sind mit uns zufrieden. Wir erhalten sogar Postkarten, auf denen uns für unsere Hilfe gedankt wird.“

Die WAZ-Leserin dürfte nicht zu den Absendern gehören.