Bochum. . IG Metall und General Motors haben sich über ein Konzept für die Zukunft der Opel-Standorte geeinigt: Demnach läuft die Fahrzeugproduktion in Bochum 2016 aus. Das Werk soll Komponenten- und Logistikstandort mit 1200 Arbeitsplätze werden. 700 Stellen fallen weg.
Auf seinem Kurs zurück in die schwarzen Zahlen will der angeschlagene Autobauer Opel auf einen radikalen Kahlschlag verzichten. Nach monatelangen Verhandlungen haben sich Unternehmen und Arbeitnehmervertreter geeinigt, den Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen um zwei Jahre bis Ende 2016 zu verlängern, wie die Adam Opel AG am Donnerstag in Rüsselsheim mitteilte. In Bochum fallen über ein Abfindungsprogramm dennoch 700 Stellen weg, nach 2016 werden dort keine Autos mehr gebaut.
Opel-Aufsichtsratschef Steve Girsky betonte, dass sich Opel nach dem Aus der Autofertigung in Bochum nicht aus dem Ruhrgebiet zurückziehen werde: "Wir wollen unser Warenverteilzentrum in Bochum behalten. Wir wollen insgesamt rund 1200 tarifgebundene Opel-Arbeitsplätze in Bochum sichern - und den Standort zum Komponentenwerk umwandeln."
600 Arbeitsplätze in der Logistik, 600 in der Komponentenfertigung
Demnach könnten rund 600 Arbeitsplätze im Lagerbereich verbleiben, 600 weitere in einer Komponentenfertigung. Welche Teile dort hergestellt werden, müsse noch festgelegt werden. Allerdings wird die Produktion in Bochum ab dem zweiten Quartal 2013 von Drei- auf Zweischichtbetrieb umgestellt. 700 Mitarbeitern bietet Opel bietet Abfindungsangebote und Altersteilzeitprogramme an.
Einen Tag vor dem Amtsantritt des neuen Vorstandsvorsitzenden Karl-Thomas Neumann können die Zentrale in Rüsselsheim und die Standorte Eisenach und Kaiserslautern hingegen aufatmen: Opel hat Produktionszusagen für die Zeit nach 2015 gemacht.
Einst arbeiteten 20.000 Menschen im Opel-Werk
1962: Das Werk entsteht nach ungefähr zwei Jahren Bauzeit auf einem ehemaligen Zechengelände. Das erste Auto, das vom Band rollt, ist ein Kadett A. Das Werk ist für 10 000 Beschäftigte konzipiert, viele der damaligen Arbeiter kommen aus dem Bergbau.
1967: Der Mittelklassewagen Olympia kommt ins Programm. Drei Jahre später sind es der Ascona und der legendäre Manta, die ab 1970 in dem Werk vom Band gehen.
1979: Zum Jahresende arbeiten mehr als 20 000 Menschen im Bochumer Opel-Werk. Verschiedene Modelle aus der Serie Kadett werden bis 1991 produziert.
1991: Der Astra wird in die Produktionslinie aufgenommen, bis 2004 wird das Fahrzeug gefertigt, ab 1999 der Siebensitzer Zafira.
2004: Opel beschäftigt in Bochum noch etwa 9000 Mitarbeiter.
2012: Opel feiert Jubiläum in Bochum. Das Werk besteht seit 50 Jahren. Rund 13,5 Millionen Autos wurden gebaut. Das Werk beschäftigt noch rund 3300 Menschen.
2013: Die IG Metall einigt sich mit dem Opel-Management auf das Ende der Autoproduktion im Jahr 2016. Danach soll das Werk in einen Komponenten- und Logistikstandort umgebaut werden.
"Heute ist ein guter Tag für Opel und ebenso ein guter Tag für GM: Dieser Deutschlandplan ist ein wichtiger Meilenstein für Opel, um Mitte der Dekade wieder die Gewinnschwelle zu erreichen. Wir werden damit unsere Kosten in den Griff bekommen", sagte Girsky.
Seit Juni hatten das Management, die IG Metall und der Betriebsrat über ein Sparprogramm für den defizitären Autobauer verhandelt. Opel leidet unter der Absatzkrise in Europa, fährt massive Verluste ein und muss die Kosten daher drücken. Die US-Mutter General Motors (GM) erwartet zur Mitte des Jahrzehnts wieder schwarze Zahlen in Europa.
Verlängerter Kündigungsschutz
Für die Verlängerung des Kündigungsschutzes bis Ende 2016 müssen die Beschäftigten in allen deutschen Werken auf Geld verzichten. So stünden die Tariferhöhungen bis 2015 jeweils so lange, bis die nächste Tariferhöhung in Kraft tritt, wie Gesamtbetriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug erklärte.
Besonders schwierig sei es gewesen, eine Zukunft für den Standort Bochum zu erreichen, sagte Schäfer-Klug: "Mit den jetzt erreichten Vereinbarungen konnte die Schließung des Standortes verhindert werden. Bochum bleibt ein Opel-Produktionsstandort."
Mit dem Ende der Autoproduktion in Bochum wird den Beschäftigten für zwei Jahre der Übergang in eine Transfergesellschaft angeboten, sagte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende. Zusammen mit Stadt und Land soll die Entwicklungsgesellschaft "Bochum Perspektive 2022" zudem neue Arbeitsplätze in Bochum schaffen. Das Unternehmen hofft auf etwa 1000 zusätzliche Jobs. Zuletzt beschäftigte Opel noch rund 3300 Menschen in der Stadt. In Deutschland insgesamt beschäftigt Opel mehr als die Hälfte seiner europaweit 37 000 Mitarbeiter.
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Nach Betriebsratsangaben wurden auch alle Überlegungen begraben, die zentrale Fertigungsplanung oder den Prototypenbau aus Rüsselsheim abzuziehen und sie an Fremdfirmen zu vergeben oder ins Ausland zu verlagern. Im Ingenieursbereich galten 700 Jobs als bedroht. Das sei vom Tisch, sagte Schäfer-Klug: "Im Engineering bleiben alle Stellen erhalten." Opel bestätigte, dass das Rüsselsheimer Entwicklungszentrum mit rund 7000 Beschäftigten integraler Bestandteil im internationalen GM-Entwicklungsverbund bleibe.
GM verspricht Milliarden für neue Modelle
Nach der Einigung laufen am Fertigungsort Eisenach sowie in Rüsselsheim auch nach 2015 je zwei Modelle vom Band. Auch die nächste Generation des Flaggschiffs Insignia werde exklusiv in Rüsselsheim gebaut. Zudem werde das F40-Getriebe weiter am Firmensitz gefertigt. Das Opel-Komponentenwerk in Kaiserslautern wird ebenfalls über 2016 hinaus gesichert. Opel plane dort auch in Zukunft mit rund 1800 Mitarbeitern, teilte das Unternehmen mit.
GM-Vize Girsky sagte zudem milliardenschwere Investitionen zu: "Der Schlüssel zu nachhaltiger Beschäftigung ist Wachstum. Der Schlüssel zu Wachstum sind Investitionen. Wir werden den Deutschlandplan mit einer milliardenschweren Modelloffensive unterstützen." Demnach werde Opel in neue Segmente und Märkte vorstoßen.
Über entscheidende Details des Zukunftsprogramms muss ab Montag weiter verhandelt werden, sagte Berthold Huber, Erster Vorsitzender der IG Metall: "Erst wenn das ganze Paket vorliegt, können wir es unseren Mitgliedern zur Abstimmung stellen". (dpa)