Bochum. . Mit einer Spontan-Demo haben Arbeiter im Bochumer Opelwerk am Dienstagmorgen während der Frühschicht die Produktion gestört. Sie reagierten damit auf das am Montag verkündete Aus für den Standort im Jahr 2016. IG-Metall und Betriebsrat mahnen unterdessen zu Besonnenheit.

Der Frust ist groß, bei den Beschäftigten im Bochumer Opel-Werk. Einen Tag, nachdem Opel-Vorstandschef Thomas Sedran das Aus der Autoproduktion in Bochum zum Jahr 2016 angekündigt hat, haben Arbeiter am Dienstag ihren Frust im Werk zum Ausdruck gebracht.

Am Morgen unterbrachen mehrere hundert Beschäftigte des Opel-Werkes in Bochum die Produktion und verlangten von der Werksleitung Auskunft über die Zukunft ihrer Stellen nach dem Aus für den Standort in den kommenden drei Jahren. Das berichteten Gewerkschaftsvertreter.

Betriebsrat und IG Metall rufen zur Besonnenheit auf

Opel-Werkssprecher Alexander Bazio bestätigte gegenüber der WAZ, dass sich nach Angaben eines IG Metall-Vertrauensmanns etwa 300 Arbeitnehmer an der Aktion beteiligt hätten. Zwischen 7.30 Uhr und 9.40 Uhr sei nur eingeschränkt produziert worden. Laut einer anderen Quelle der IG Metall sei die Protest-Gruppe deutlich kleiner gewesen.

"Die Leute sind sauer", beschreibt Volker Strehl die Situation im Bochumer Opelwerk. Strehl ist 2. Bevollmächtigter der IG Metall Bochum-Herne und zuständiger IG Metall-Betreuer für die Opel-Belegschaft. Spontane Störaktionen wie zur Frühschicht seien "nicht zu verhindern", sagt Strehl. Sie würden aber nicht die Haltung der Mehrheit der Belegschaft widerspiegeln.

Erste Verhandlungen mit der Opel-Spitze

Betriebsratschef Rainer Einenkel hatte bereits am Montag erklärt, für den Erhalt des Werks zu kämpfen. Am Dienstag erklärte er, "es macht nur Sinn, wenn wir alle gemeinsam etwas unternehmen". Betriebsrat und IG Metall waren am Montagnachmittag übereingekommen, keinen unkontrollierten Arbeitskampf zu starten und riefen die Belegschaft zur Besonnenheit auf. "Das heißt nicht, dass wir die Entscheidung von Opel hinnehmen", macht Volker Strehl deutlich: "Aber wir brauchen einen langen Atem und müssen unsere Aktionen sehr genau überlegen."

Eine erste größere Aktion im Werk könnte an diesem Freitag bevorstehen, deutete Einenkel am Dienstagmittag an. Dann wolle der Betriebsrat die Belegschaft zu einer Informationsveranstaltung zusammenrufen und von den Gesprächen mit der Opel-Spitze berichten, die für diesen Mittwoch und Donnerstag anberaumt sind. Laut Einenkel sagte weiter, man werde die Belegschaft am Freitag sicher "nicht in der Pause" informieren.

Zum Opel-Jubiläum am Samstag sollen die Bänder im Werk laufen 

Mit Blick auf die für den kommenden Samstag geplant Jubiläumsfeier zum 50-jährigen Bestehen des Bochumer Opel-Werks hält Strehl einen Ausstand der Opel-Arbeiter sogar für kontraproduktiv. Opel hatte die Feier im Oktober kurzfristig auf den 15. Dezember verlegt und plant unter anderem einen Tag der offenen Tür. 20.000 Besucher werden in Bochum erwartet. Aus Sicht der IG Metall "sollten noch viel mehr Menschen kommen", sagt Strehl. Die Gewerkschaft jedenfalls wolle dafür sorgen, dass die Feier "eine Solidaritätsaktion für die Belegschaft" werde.

Einen Protest, womöglich begleitet von Arbeitsniederlegungen sei am Samstag jedenfalls nicht sinnvoll: "Unsere Botschaft ist ja, dass das Werk weiter bestehen soll. Welchen Sinn sollte es da machen, die Produktion an dem Tag stillzulegen?"

Arbeitsagentur Bochum bildet "Task Force" für Opel-Belegschaft

Bochums Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz hat unterdessen angekündigt, dass die Stadt Bochum "an der Seite der Beschäftigten und deren Familien" stehe. Scholz erklärte zudem, dies auf der Veranstaltung zum 50-jährigen Bestehen des Bochumer Opel Werkes am kommenden Samstag "zum Ausdruck zu bringen". Inwieweit Scholz dort auch offiziell ein Grußwort halten könne, habe man ihr von Unternehmensseite noch nicht mitgeteilt, teilte ein Stadtsprecher am Nachmittag mit.

Die Arbeitsagentur konzentriert sich unterdessen auf die Abwicklung des Opel-Werks. „Wir sind mit den Verantwortlichen bei Opel im Gespräch. Wir brauchen Informationen über Qualifikationen, Wohnort und berufliche Flexibilität der Opelaner, damit wir den Markt sondieren können. Das darf nicht erst im Herbst 2016 beginnen“, erklärte am Dienstag Christiane Schönefeld, Chefin der Regionaldirektion NRW der Arbeitsagentur.

Bühnenshows und Werksbesichtigungen zum Opel-Jubiläum

Laut Schönefeld sei es jetzt wichtig, "dass der Zeitraum bis zur Schließung genutzt wird und schnell und konkret die Fakten und Termine bekannt und damit einschätzbar sind". Laut Arbeitsagentur würde die Werksschließung die gesamte Region betreffen. 1600 der vermutlich 3000 vor der Entlassung stehenden Opelaner wohnten in Bochum, 360 in Herne, 260 in Castrop-Rauxel und jeweils 140 in Gelsenkirchen und Recklinghausen.

Laut Schönefeld stünden den Fachleuten der nun eigens organisierten "Task Force" Opel alle arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen zur Verfügung, um den Übergang in andere Beschäftigung zu ermöglichen: „Der Arbeitsmarkt ist zurzeit aufnahmefähig, für Fachkräfte bestehen vor dem Hintergrund der demografischen Veränderungen auch mittelfristig gute Chancen.“

Bei Opel konzentriert man sich nun auf die Jubiläumsfeier am Samstag. Von einer Absage des ohnehin verschobenen Termins war in den Pressestellen in Rüsselsheim und Bochum nichts zu hören. Das auf der Solidaritäts-Website des Bochumer Betriebsrats, wir-gemeinsam.eu, abrufbare Jubiläums-Programm klingt nach bunter Familienfeier und bietet Bühnenshows, Auto-Präsentationen und Werksbesichtigungen. Die Jubiläumsfeier ist am Samstag, 15. Dezember, von 11.30 bis 18 Uhr.