Bochum. Der neue Bochumer Chef-Ermittler bei Fällen von Mord und Totschlag, Klaus Lipphaus (53), äußert die Sorge, dass die wachsende Anzahl von Wohnungseinbrüchen auch zu Todesfällen führen könnte - weil die Täter unerwartet auf anwesende Bewohner treffen könnten und die Tat eskaliert.

Wer in Bochum, Herne und Witten einen Menschen umbringt oder halbtot schlägt, bekommt es mit ihm zu tun: Klaus Lipphaus, der neue Chef aller Mordkommissionen in diesem Polizeibezirk. Vorher hatte der 53-Jährige das Kommissariat für Wohnungseinbrüche geleitet.

Dessen Fälle könnten sich bald auch mit seinem neuen Ressort verbinden. In einem WAZ-Gespräch am Dienstag äußerte er die Sorge, dass wegen der immer zahlreicher werdenden Einbrüche „auch die Anzahl der Raubüberfälle zunimmt und die Gefahr besteht, dass sie irgendwann im Raubmord enden können“. Lipphaus denkt dabei an Einbrüche, die wegen unerwarteter Anwesenheit der Bewohner plötzlich eskalieren könnten.

Außerdem meinte er: „Ich glaube, dass die Bereitschaft, Gewalt einzusetzen, zugenommen hat. Früher hatten Täter irgendwann eine Hemmschwelle gehabt, an der sie aufgehört haben, ihre Taten zu vollenden. Diese Schwelle ist immer kleiner geworden.“

Außer den Mordkommissionen leitet Lipphaus das ganze Kriminalkommissariat 11. Und dort geht es außer Mord und Totschlag auch um andere Fälle mit viel Leid und Schrecken. Alle Fälle mit Bränden, Vermissten, Kindsaussetzungen, sehr massiven Körperverletzungen, Geiselnahmen, Verschleppungen, Waffendelikten, Freiheitsberaubungen gehen über seinen Schreibtisch.

Über 1200 ungeklärte Todesfälle musste die Polizei im Vorjahr bearbeiten

Lipphaus ist ein echter Bochumer Junge. Seit 34 Jahren arbeitet er bei der Polizei. Seine Kleidung ist leger, das Hemd unterm Jacket hängt modisch aus der Hose. Sein heller Blick ist freundlich, aber auch klar und bestimmt. Kein Zweifel: Diese Augen haben schon die Gedanken vieler Verbrecher durchdrungen, wenn sie ihm im Präsidium gegenüber saßen.

Es sind aber nicht die ganz schweren Verbrechen, die das KK 11 am meisten beschäftigen; davon gibt es zu wenig Fälle. Am meisten bearbeiten die KK 11-Beamten ungeklärte Todesfälle. Und deren Anzahl ist angewachsen: 2001 waren es beim KK11 noch 850, im Jahr 2011 bereits 1212 Fälle. Lipphaus erklärt dies: Es kämen immer weniger Hausärzte in die Wohnungen ihrer soeben verstorbene Patienten. Deshalb würden zunehmend Notärzte erscheinen, „die die ganze Krankenanamnese nicht kennen“. Also kreuzten sie in den Unterlagen „Todesursache ungeklärt“ an. Automatisch landet der Todesfall danach beim KK 11. Fast alle Ermittlungen ergeben später dann aber eine natürliche Todesursache.

Früher schon einmal eine eigene Mordkommission geleitet

Zugenommen hat auch die Suche nach vermissten Senioren, die verwirrt sind. Lipphaus erklärt den Anstieg damit, dass die Menschen heute immer älter würden und damit auch Demenz häufiger vorkomme. Gerade jetzt im Winter sind diese Vermisstenfälle sehr gefährlich - wegen Erfrierungsgefahr.

Lipphaus, Erster Kriminalhauptkommisssar, hatte bereits früher einmal eine Mordkommission geleitet. Alle Fälle konnte er lösen. „Das war aber reine Glückssache“, meinte er am Dienstag. In sein jetziges Chefamt kam er eher plötzlich. Sein Vorgänger Hans-Willi Schäfer war im Juni mit nur 57 Jahren verstorben.