Bochum. . Die Mutter des 50-jährigen Mannes, der am Montag tot in einer Wohnung in Bochum gefunden wurde, lebte schon mehrere Tage zusammen mit der Leiche. Die laut Polizei geistig verwirrte Frau hatte offenbar nicht bemerkt, dass ihr Sohn tot ist. Die Leiche wurde ihm Rahmen der Evakuierung wegen einer Bombenentschärfung gefunden.

Es ist eine ganz persönliche Tragödie, die da am Rande der Bombenentschärfung am Montagabend mitten in Bochum entdeckt wurde. Nur durch Zufall fand die Feuerwehr die Leiche eines 50-Jährigen in einer Wohnung, die wegen einer Bombenentschärfung evakuiert werden musste. Wie die Polizei am Dienstag bestätigte, starb der Mann offenbar schon vor einigen Tagen.

Im Gegensatz zu anderen Fällen, in denen tote Personen lange Zeit nicht entdeckt werden, weil sie alleine lebten und keinen Kontakt mehr zu Nachbarn oder Angehörigen hatten, wohnte der Mann aber zusammen mit seiner Mutter. Doch die "geistig verwirrte Frau", so Polizeisprecherin Kristina Räß, hatte offenbar nicht bemerkt, dass ihr Sohn nicht mehr lebt. Es gebe aber keine Hinweise auf ein Gewaltverbrechen. Die 76-Jährige befinde sich mittlerweile in ärztlicher Behandlung. Die Staatsanwaltschaft müsse nun entscheiden, ob die Leiche ihres Sohnes obduziert wird.

Bombe musste umgehend entschärft werden

Fliegerbombe an der Freudenbergstraße Bochum
Fliegerbombe an der Freudenbergstraße Bochum

Die Evakuierung war nötig geworden, weil eine US-amerikanische Fünf-Zentner-Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg entschärft werden musste. Sie war am Montagmittag unter einem Haus an der Freudenbergstraße in Bochum gefunden worden. Experten hatte bereits seit zweieinhalb Wochen gezielt nach ihr gesucht.

Bei Luftbildauswertungen war die Lage der Bombe mit Aufschlagzünder ermittelt worden. Unter dem Haus wurde ein 6,5 Meter tiefer Schacht gegraben. Dafür musste auch eine tragende Wand entfernt werden. Endgültig freigelegt wurde die Bombe dann durch einen Saug-Spülwagen. Da die Bombe dabei leicht bewegt wurde, musste sie sofort entschärft werden.

A40 wurde für 40 Minuten voll gesperrt

Zuvor mussten rund 650 Menschen in einem Umkreis von 250 Metern in Sicherheit gebracht werden. 70 Einsatzkräfte von Berufs- und Freiwilliger Feuerwehr und 15 Helfer vom Deutschen Roten Kreuz benötigten gut zwei Stunden, um alle Gebäude zu kontrollieren.

Von der Evakuierung ebenfalls betroffen waren die viel befahrene Dorstener Straße in Bochum und mehrere Stichstraßen. Auch die Autobahn A40 musste zwischen Bochum-Stahlhausen und Bochum-Mitte ab 19.30 Uhr für rund 40 Minuten in beide Richtungen voll gesperrt werden. Es bildeten sich jeweils rund zwei Kilometer Stau.

Feuerwehr musste Türen aufbrechen, weil Anwohner sich einsperrten 

Für die Menschen, die ihre Wohnungen verlassen mussten, wurde eine Betreuungsstelle an der Heinrich-Böll-Gesamtschule eingerichtet, in der 130 Personen unterkamen. 20 Anwohner, die nicht selbst laufen konnten, wurden mit Krankenwagen zur Betreuungsstelle oder in Krankenhäuser transportiert. Hier wurden sie für den Zeitraum der Evakuierung untergebracht.

Weil sich einige Anwohner aber uneinsichtig zeigten, verzögerte sich die Evakuierung jedoch, wie Feuerwehr-Sprecher Simon Heußen sagte: "Wir konnten beobachten, wie ein Bürger in seine Wohnung zurückgelaufen ist und sich einsperrte. Da mussten wir tätig werden." In insgesamt drei Fällen musste die Feuerwehr, unterstützt vom Ordnungsamt, die Tür aufbrechen und die Wohnungen zwangsevakuieren.

Kaputte Schließzylinder wurden ersetzt

"Das ist für uns Routine und gehört zu so einem Einsatz dazu", so Heußen weiter. Die Gründe, warum Menschen sich weigern, ihre Wohnungen zu räumen, seien vielfältig, sagt Simon Heußen. "Oft sind es ältere Leute, für die Entschärfungen im Krieg an der Tagesordnung waren. Da mussten sie auch nie ihre Wohnungen verlassen." Andere hätten Angst um ihre Tiere oder vor Einbrechern.

Doch das hilft nichts: "Wenn Gefahr für Leib und Leben besteht, sind die Einsatzkräfte gesetzlich dazu verpflichtet, Türen notfalls auch gewaltsam zu öffnen", bestätigt Polizeisprecher Guido Meng. "Meistens hilft schon massives Zureden", sagt Simon Heußen, "aber manche glauben uns nicht, dass wir wirklich die Türe aufbrechen." Man habe die kaputten Schließzylinder aber durch neue ersetzt, versichert er. Die Bürger müssten auch keine Strafen oder Rechnungen für den Einsatz befürchten.

Entwarnung um 20.09 Uhr

Um 20.09 konnte Entschärfer Manfred Ahrendt vom Kampfmittelräumdienst schließlich Entwarnung geben: Von der Fünf-Zentner-Bombe geht keine Gefahr mehr aus. Unmittelbar nach der geglückten Entschärfung wurde die A40 durch die Autobahnpolizei wieder freigegeben. Alle Anwohner konnten in ihre Wohnungen zurückkehren.