Bochum. Wer arm ist, wird häufiger krank und stirbt deutlich früher als der Durchschnitt der Bevölkerung. Davor warnt die Caritas in einer aktuellen Kampagne.

Im Szene-Café nippen sonnenbebrillte Damen am Samstagmittag an ihrem hochpreisigen Latte Macchiato. 50 Meter weiter zeigt die Wohlstandsgesellschaft ihre Schattenseite. Auf der Bühne reden Experten über Mangelernährung, Verzweiflung, Tod. „Armut macht krank“, konstatierte die Caritas bei ihrem Aktionstag auf dem Dr.-Ruer-Platz.

In seiner Jahreskampagne warnt der katholische Sozialverband vor einer Entwicklung, die in einem der reichsten Länder der Welt einer Bankrotterklärung gleichkommt: Wer wenig Geld hat, ist häufiger krank und hat eine deutlich geringere Lebenserwartung. Frauen im unteren Einkommensbereich sterben acht Jahre früher als der Durchschnitt. Bei Männern sind es elf Jahre. „Besonders schlechte Aussichten haben wohnungslose Männer. Sie leben 30 Jahre kürzer“, berichtet Caritas-Direktor Ulrich Kemner.

Problematische Ebbe im Geldbeutel

Auch die Caritas weiß: Armen Menschen ginge es noch schlechter, würden sie nicht in Deutschland leben, wo das Gesundheitssystem solidarisch ausgerichtet ist. Doch: „Praxisgebühr und Zuzahlungen sind bei Ebbe im Geldbeutel problematisch.“ Fehlende Bildungschancen, Scham, Perspektivlosigkeit, oft auch Sucht schließen einen Teufelskreis, in dem Krankheit ein häufiger Begleiter ist.

Die Weichen werden meist im Kindesalter gestellt. Mangelhafte Ernährung macht Armut sichtbar. „In sozial problematischen Stadtteilen steigt die Zahl übergewichtiger Kinder. Alle Kampagnen kommen hier nicht an. Um so wichtiger ist es, diesen Menschen zu sagen: Ihr seid wertvoll“, appelliert Michael Sprünken vom Gesundheitsamt.

Info- und Aktionsstände, Gespräche, preiswerte Speisen: Das Angebot am Caritas-Samstag war reichhaltig, die Resonanz überschaubar. Die Armen blieben fern. Armut wird hinter verschlossenen Türen erlitten.