Bochum. Konflikte in Beziehungen führen immer häufiger zu psychischen Erkrankungen. Das beobachten die Fachärzte des LWL-Universitätsklinikums in Bochum.

Die jüngsten Familientragödien lassen Deutschland aufschrecken. Meist sind es Konflikte in der Partnerschaft, oft die Androhung einer Trennung, die verzweifelte Menschen dazu bringen, die zu töten, die sie am meisten lieben. Dramen, wenngleich ohne schrecklichen Blutzoll, spielen sich derweil hinter vielen Fassaden ab. „Schwierigkeiten in der Beziehung führen immer häufiger zu psychischen Erkrankungen“, sagt Prof. Dr. Georg Juckel, Direktor des LWL-Klinikums.

In fast jeder Nacht werden in der psychiatrischen Notfallambulanz Frauen und Männer betreut, die aus enttäuschter Liebe durchs tiefe Tal der Tränen waten. Nach Selbstmordversuchen oder betrunken, werden sie von Polizei und Feuerwehr ins Klinikum gebracht. Andere finden, ängstlich und gebrochen nach Depressionsschüben, allein den Weg zur Alexandrinenstraße. „Alle sind sie tief verletzt in ihrer Seele. Wir sind dann oft ihr letzter Strohhalm“, weiß Prof. Juckel.

Sechs Monate betragen die Wartezeiten bei niedergelassenen Psychotherapeuten. „Um so wichtiger ist unsere Akut-Ambulanz“, betont Oberärztin Dr. Ute Naumann. Wer keinen Ausweg mehr sieht, bedarf über die Telefonseelsorge und andere Beratungsstellen hinaus der sofortigen ärztlichen Behandlung. Die ist in der LWL-Fachklinik gewährleistet. Rund um die Uhr.

Gerade bei Beziehungsproblemen raten die Experte, frühzeitig Hilfe zu suchen.

Ihre Hinweise:

Bei aller Verliebtheit zu Beginn einer Partnerschaft: Schauen Sie genau hin, wie sich Ihr Partner bei Konflikten verhält. Rasseln Sie immer bei den gleichen Problemen aneinander? Sind Sie in der Lage, Konflikte einvernehmlich zu lösen? Bleiben Sie sprachfähig?

Frust gibt es in jeder Beziehung. Aber: Irgendwann muss man seine Partnerschaft auf die Waage legen. Überwiegt noch das Positive? Oder werden meine eigene Bedürfnisse dauerhaft nicht befriedigt?

Eine Paartherapie kann helfen. Stellt sich keine Besserung ein, sollte man zur Einsicht gelangen: Es geht nicht mehr weiter.

Wichtig: sich mit Freunden austauschen. Sie haben oft einen unverfälschten Blick von außen.

Eine emotionale, auch sexuelle Abhängigkeit macht eine Trennung trotz Leidensdrucks unmöglich. „Gerade in solchen Fällen sollte man psychologische Hilfe in Anspruch nehmen“, warnt Juckel.

Während immer mehr Menschen im Beziehungssumpf unterzugehen drohen, erkennt Dr. Naumann eine zweite, größer werdende Problemgruppe: die Alleinstehenden. „Bei etlichen Singles gibt es ein hohes Maß an Verzweiflung. Auch Beziehungslosigkeit kann unendlich krank machen.“

Experten am WAZ-Telefon

Haben auch Sie Schwierigkeiten mit ihrem Ehe- oder Lebenspartner? Praktische Tipps zur Lösung von Beziehungsproblemen geben zwei Experten am WAZ-Lesertelefon. Am kommenden Mittwoch, 5. September, beantworten Prof. Dr. Georg Juckel, Ärztlicher Leiter des LWL-Universitätsklinikums, und Oberärztin Dr. Ute Naumann die Fragen unserer Leserinnen und Leser rund um Partnerschaft, Gefühle und (enttäuschte) Erwartungen. Sie liefern Hinweise, mit welchen mitunter einfachen Mitteln eine Trennung verhindert werden kann.

Die WAZ-Telefone sind in der Zeit von 13 bis 14 Uhr geschaltet. Prof. Dr. Juckel ist unter der Rufnummer 0234/966 1492, Dr. Ute Naumann unter 0234/966 14 38 zu erreichen.