Bochum. .
Rhythmisch wippt sie mit dem Oberkörper Vor und Zurück, blickt dabei mit einem zufriedenen Lächeln auf die Pferdekoppel. Gleich darf die 34-Jährige wieder zu den Tieren, freut sich schon, wie ein kleines Kind. Tanja ist seit ihrer Geburt geistig behindert.
Angelika Tillman-König adoptierte das Mädchen, da war die Kleine drei Jahre alt, konnte kaum laufen, Sprechen war ihr nicht möglich, es hatte nie jemand mit ihr kommuniziert. „Ihre Mutter ließ das Mädchen vollkommen verwahrlosen, dabei war sie doch so ein niedliches Ding“, erzählt Angelika Tillmann-König und bringt dabei Schwein Gerd einen Blechnapf mit Futter. Fast täglich ging sie mit Tanja zur Krankengymnastik, trainierte ihre Muskulatur, bis ein Arzt ihr empfahl, das Kind auf ein Pferd zu setzten.
Wie heilsam sich das Reiten auf die körperliche und seelische Balance auswirkte, stellten beide rasch fest. So fasste Angelika Tillmann-König einen Entschluss: Sie pachtete den Hof, auf dem sie täglich mit Tanja reiten ging. Nun lief der Pachtvertrag aus und weder Angelika noch Tanja wollten auf ein Leben mit vielen Tieren in freier Natur verzichten. „Da habe ich den Hof in Grumme gekauft.
Und so wohnen sie nun hier, seit vier Jahren, auf 11.000 Quadratmetern plus 7.000 Quadratmetern, die sie noch dazugepachtet hat – gemeinsam mit Heidi, Dunja und Ralf, die ebenfalls von Angelika betreut werden. Und vielen, vielen Tieren: Ponys, Pferde Esel, Eichhörnchen, Hühner, Kaninchen, Meerschweinchen und Gerd, das „Pensionsschwein“, wie Angelika das Tier nennt. Zwei kleine Ferkelchen, noch namenlos, kamen jüngst dazu.
Beziehung zu den Tieren
„Es ist alles immer irgendwie so passiert, ich habe in meinem Leben nichts davon geplant“, sagt die gelernte Erzieherin. Genannt hat sie ihr „Lebensprojekt“, wie sie es nennt, „Mensch, Tier, Begegnungshof“, der von Kindern mit und ohne Behinderungen täglich von 8 bis 20 Uhr besucht werden kann. „Wir machen hier kein therapeutisches Reiten“, betont Angelika Tillmann-König. Die Jungen und Mädchen sollen auf dem Hof einfach Spaß haben, eine Beziehung zur Natur und den Tieren aufbauen.
So pflanzen sie etwa mit den Kleinen im Beet eigenes Gemüse an, holen Eier aus dem Hühnerstall: „Damit die Kinder wissen, dass die nicht im Supermarkt aus dem Karton kommen“, sagt Angelika gelassen und blickt auf ihren Apfelbaum in der Mitte des Hofes.
In den Sommerferien erwarten Angelika , ihre Kollegin Sabrina Jericho sowie zwei Praktikanten des Hofes insgesamt 80 Kindergartenkinder. „Das ist schon eine Herausforderung“, sagen beide.
Doch auch die wird diese Frau sicherlich mal wieder mit ganz viel Bravour meistern.