Bochum. . Die Wahl von Joachim Gauck (72) zum Bundespräsidenten hat es wieder gezeigt: Auch in Bochum gibt es einige Senioren, die wenig Lust aufs Altenteil haben und stattdessen weiter arbeiten. Ob in der eigenen Firma oder im Ehrenamt.
„Mit 66 Jahren ... da fängt das Leben an“, so trällert es Udo Jürgens, der mittlerweile auch schon 77 ist und noch immer die Bühnen dieser Republik stürmt. Die Wahl des Bundespräsidenten Joachim Gauck (72) hat es mal wieder gezeigt: Nicht jeder träumt von der Rente mit 67. Auch in Bochum gibt es einige, die es sich nie im Leben vorstellen könnten, den ganzen Tag lang daheim die Briefmarken zu sortieren.
Etwa Ernst-Otto Stüber. Zehn Jahre lang war er Oberbürgermeister der Stadt, danach widmete sich der heute 71-Jährige diversen Ehrenämtern. Beim VfL ist er Aufsichtsratsvorsitzender, außerdem ist er in der Tierschutzstiftung, im Förderverein der Synagoge, des Musikzentrums, beim Freundeskreis des Museums, beim Tierparkverein und so weiter. „Ich hab mal ausgerechnet: Es sind etwa zwei Dutzend Ehrenämter, die ich bekleide“, erzählt er.
Weiter in der Firma unterwegs
Zu Hause völlig unproduktiv die Tage verstreichen zu lassen, kommt für Stüber nicht in Frage: „Solange ich gesund und fit bin, ist das kein Problem“, meint er. „Das Leben ist spannend und hat viel zu bieten.“ Schon am Mittwoch ist Stüber wieder im Einsatz: als Kassenprüfer beim Tierpark.
Ob sich mancher im Betrieb hinter seinem Rücken endlich den Abgang des Seniorchefs wünscht? „Ich glaube eigentlich nicht“, meint Johann Philipps lächelnd. Seit 1958 ist der 73-Jährige Chef des Sanitärbetriebs an der Rombacher Hütte – und nebenher ehrenamtlich als Kreishandwerksmeister tätig. Gerade wurde er für vier weitere Jahre im Amt bestätigt. Die Geschäftsleitung der Firma hat er zwar an seine Kinder abgegeben, dennoch ist er im Betrieb weiter voll eingespannt. „Zehn Stunden täglich“, sagt er. „Ständig zu Hause im Garten zu sitzen, das fände ich entsetzlich langweilig.“
Während sich dort also ein Gärtner ums Grünzeug kümmert, ist Philipps in der Firma unterwegs. „Ältere Menschen haben einen riesigen Fundus an Erfahrung und Wissen“, sagt er auch mit Blick auf die Wahl des Bundespräsidenten. „Warum soll ich zu Hause rumsitzen, nur weil ich 73 bin?“
Jeden Tag am Schreibtisch
Eigentlich, so überlegt der Literat Hugo Ernst Käufer (85), habe er nur seinen Schreibtisch gewechselt: Bis 1987 war er Leiter der Stadtbücherei Gelsenkirchen, seitdem sitzt er knapp vier Stunden täglich zu Hause am Schreibtisch und schreibt vornehmlich Lyrik und Essays. „Ich brauch das einfach“, meint er. „Und ich hoffe, dass der Kopf noch eine Weile mitmacht.“
Übrigens: Kurz nachdem Ernst-Otto Stüber im Jahr 2004 „aus Altersgründen“ seinen Posten als OB räumen musste, wurde die Altersgrenze für Bochumer Oberbürgermeister abgeschafft. „Ich könnte jetzt also eigentlich wieder kandidieren“, überlegt er und lächelt.