Bochum.
Freitagabend im Bermuda-Dreieck, und die Kneipen sind leer: Viele Gastronomen in Bochums Ausgehviertel befürchten genau dies, wenn die NRW-Grünen wie angekündigt das Nichtraucherschutzgesetz drastisch verschärfen.
„Es werden einige Kneipen untergehen“, befürchtet Anke Heinemann, Quartiersmanagerin der ISG Bermuda-Dreieck. „Das, was jetzt gesetzlich gilt, halte ich für mehr als ausreichend.“ Erlaubt ist das Rauchen in kleinen Kneipen (unter 75 Quadratmeter) und abgeteilten Räumen, doch der überwiegende Teil der Betriebe ist jetzt schon rauchfrei. „Mehr Restriktion führt nur ad absurdum, dass die Wirte ehedem viel Geld für Umbauten in die Hand genommen haben.“
Gastronomisches Angebot für Nichtraucher sei groß
Genauso sieht es auch die Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG). „Gesundheitsministerin Steffens setzt die Kneipenlandschaft in Bochum aufs Spiel. Ich rechne mit einem Kneipensterben. So, wie es jetzt ist, ist es okay“, sagt Yvonne Sachtje, Geschäftsführerin der NGG Ruhr, gegenüber der WAZ. Das gastronomische Angebot für Nichtraucher sei groß. Sie plädiert dafür, den Gästen die Wahlfreiheit zu lassen: „Schließlich wird auch kein Vegetarier genötigt, ins Steakhouse zu gehen.“ Sachtje appelliert an die Bochumer Landtagsabgeordneten aller Fraktionen, dem totalen Rauchverbot in Kneipen einen Riegel vorzuschieben. „Jeder im Düsseldorfer Landtag ist gut beraten, die Kirche im Dorf zu lassen – und damit die Kippe in der Kneipe.“
„Wir nennen es inzwischen das Raucherdiskriminierungsgesetz.“ Claus Altendorf ist Geschäftsführer des Dehoga Bochum/Dortmund (Hotel- und Gaststättenverband). Die klassische Eckkneipe werde das bevorstehende Rauchverbot nicht überleben, so glaubt er. Einbrüche werden alle Gaststätten, doch wirklich an die Existenz ginge es den Kleinen. „Das Bochumer Ordnungsamt geht rigide vor. Was mich so ärgert: Vor zwei Jahren wurde ein Gesetz gemacht, jetzt wird es wieder geändert. Auf die Politik ist kein Verlass.“ Laut einer aktuellen Umfrage des Dehoga hätten sich zwei Drittel der Wirte in Westfalen dafür ausgesprochen, die jetzige Regelung beizubehalten. Dies ist auch Tenor bei den Kneipiers im Bermuda-Dreieck. Daniel Voss (Konkret): „Der Anteil der Nichtraucherkneipen ist schon heute viel größer. Es gibt keinen Handlungsbedarf.“
"Alles war umsonst"
Dirk Steinbrecher vom Mandragora hat vor Jahren viel investiert, um einen geschützten Nichtraucherbereich in seiner Gaststätte abzuteilen. „Die Raucher sind für sich, niemand wird belästigt. Jetzt war das alles umsonst.“ Das absolute Rauchverbot werde nach seiner Einschätzung die Umsätze zumindest empfindlich zurückfahren. So mancher werde sich überlegen, eher zu Hause sein Bier oder seinen Wein zu trinken, wo ihm niemand die Zigarette verleidet. Einige Betriebe, die Verzehrkarten ausgeben wie Discos, würden logistische Probleme bekommen: „Wenn Gäste nach draußen zum Rauchen müssen, gibt’s Chaos.“
Daniel Voss bietet im Konkret getrennte Bereiche für Raucher und Nichtraucher, das funktioniere. „Diese Volkserzieher sollten sich ein anderes Betätigungsfeld suchen für ihre Symbolpolitik.“
Ein echtes Problem sieht Friedhelm Kerski auf sich zurollen. Er betreibt seit 26 Jahren den Intershop – eine Raucherkneipe, wie ein Schild am Eingang erklärt. „Da weiß jeder, was ihn erwartet. Warum muss alles von oben diktiert werden? Jeder sollte selbst entscheiden, welche Gaststätte er besucht.“ Das gelte auch für die Angestellten: Die allermeisten rauchten selbst, und auch denen sollten die Landtagsabgeordneten genügend Mündigkeit zutrauen, dass sie sich den Arbeitsplatz wohl überlegt aussuchen. „Allein der Gedanke macht mich fertig: Das würde bedeuten, dass die Leute mit Gläsern vor der Tür stehen. Das gebe Ärger wegen Scherben.“ Er rechnet mit starken Umsatzeinbußen. Viele Gäste teilen diese Einschätzung. „Wenn ich zum Bier keine Zigarette genießen darf, bleibe ich doch besser Zuhause. Ich hätte keine Lust, bei Kälte vor die Tür geschickt zu werden. Wir Raucher werden schon genug bevormundet“, findet Uwe (51).
Immer mehr Bürger wehren sich gegen das Verbot. Im Internet wird „openpetition.de“ vom Verein „Bürger für Freiheit und Toleranz“ gegen die Pläne der Landesregierung oft geklickt (bis Dienstag über 10.200 Unterzeichner).
Promi-Raucher aufgepasst!