Wiesbaden. . Raucher reagieren offensichtlich empfindlich auf die jüngste Erhöhung der Tabaksteuer. Seit diesem Mai ist der Konsum von Tabak und Zigaretten in Deutschland laut Statistik deutlich gesunken. Die Tabakindustrie glaubt, das sei nicht von Dauer.
Nach der kräftigen Preiserhöhung für Zigaretten Anfang Mai ist der Absatz kräftig eingebrochen. Im zweiten Quartal wurden 10,9 Prozent weniger Zigaretten versteuert als im Vorjahresquartal, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch mitteilte. Ebenfalls rückläufig war die Menge des versteuerten Tabak-Feinschnitts (minus 9,7 Prozent).
Am 1. Mai war der Preis pro Schachtel um 20 Cent gestiegen. Hintergrund war die am selben Tag steigende Tabaksteuer. Allerdings satteln die Tabakkonzerne zusätzlich zu den Steuern beim Preisanstieg noch kräftig obendrauf.
Die Zigarettenindustrie hält den Absatzeinbruch nicht für dauerhaft: „Die Kunden haben vor dem Mai Vorräte angelegt und dann weniger nachgefragt. Nach unserer Erfahrung gleicht sich dieser Effekt aber nach einem Quartal wieder aus“, sagte die Sprecherin des West-Herstellers Reemtsma, Svea Milena Schröder, in Hamburg.
Insgesamt wurden nach Berechnungen der Statistiker im zweiten Quartal 2011 Tabakwaren im Wert von 5,4 Milliarden Euro versteuert. Das waren 388 Millionen Euro beziehungsweise 6,8 Prozent weniger als im Vorjahresquartal. Gestiegen ist der Absatz von Zigarren und Zigarillos um 5,8 Prozent und der von Pfeifentabak sogar um 15,0 Prozent. Vor allem Zigarillos sind vergleichsweise günstiger als Zigaretten, so dass preisbewusste Raucher auf diese Produkte ausweichen.
Schachtel fast bei fünf Euro
Der Preis für eine 19er-Schachtel Markenzigaretten stieg am 1. Mai um etwa fünf Prozent: Ein Päckchen der Sorte Lucky Strike kostet nun 4,80 Euro. Noch teurer wurde die meistverkaufte Marke Marlboro, die mit 4,90 Euro nur noch knapp unter der 5-Euro-Marke liegt.
Zum Mai stiegt die Tabaksteuer um vier bis acht Cent. Doch dabei bleibt es nicht. Beschlossen ist eine jährliche Anhebung bis 2015 in ähnlicher Größenordnung. Damit drohen von 2012 bis 2015 Preissteigerungen pro Schachtel von mindestens zehn Cent. Der nächste Steuerschritt kommt zum 1. Januar. Ob die Konzerne die Steuererhöhung schlucken oder an die Kunden weiterreichen werden, sagen sie bisher nicht.
Aber es deutet sich an, dass die Tabakindustrie auch die für 2012 bis 2015 beschlossene Steueranhebung nutzen wird, um zusätzliche Preiserhöhungen durchzusetzen: Traditionell steigt der Preis für eine Schachtel in Deutschland immer nur in Schritten von vollen zehn Cent. So sollen krumme Summen an der Kasse vermieden werden. Zum 1. Januar wird die nächste Steuererhöhung von vier bis acht Cent wirksam. Es scheint klar, dass der Endverbraucherpreis um mindestens zehn Cent steigen wird.
Raucher sind für Fiskus ergiebige Quelle
Raucher sind für den Staat eine ergiebige Quelle: 13,5 Milliarden Euro brachte allein die Tabaksteuer 2010 ein, dazu kommen noch die Mehrwertsteuer und die Ertragssteuern der Zigarettenindustrie. Die Bundesregierung will mit der jüngsten Erhöhung einen Teil der Einnahmeausfälle ausgleichen, die entstanden sind, weil Unternehmen mit hohem Energieverbrauch bei der Ökosteuer entlastet werden. Die Erhöhung soll 2011 rund 200 Millionen Euro mehr in die Staatskasse spülen und 2015 eine Milliarde Euro zusätzlich pro Jahr bringen.
In der Vergangenheit wurden immer wieder verschiedene politische Zwecke von den Rauchern finanziert: Im Zeitraum von 2002 bis 2005 wurde die Tabaksteuer insgesamt fünfmal erhöht, zur Finanzierung von Maßnahmen zur Anti-Terror-Bekämpfung und zur Finanzierung von Teilen der Gesundheitsreform.
Allerdings sind die Einnahmen nicht verlässlich: Immer mehr Schmuggelzigaretten kommen nach Deutschland, außerdem wechseln immer mehr Verbraucher zu billigeren Produkten oder geben das Rauchen ganz auf. In den vergangenen Jahren sind viele Raucher zu selbst gestopften Zigaretten gewechselt, weil loser Tabak weniger stark besteuert war. Diesen Preisvorteil beschnitt die Bundesregierung jetzt mit der überdurchschnittlichen Anhebung der Abgaben auf Dreh- und Stopftabak. (dapd)