Bochum. Sie werden schon sehnsüchtig erwartet: Zum neunten Mal brechen Bochumer Ärzte und Pfleger im Februar nach Indien auf. In der 350.000-Einwohner-Stadt Jalna operieren sie zwei Wochen nonstop.

„Es ist jedes Jahr ein neues Abenteuer. Man gibt viel, bekommt aber auch viel zurück“, sagt Dr. Detlef Cramer. Der Anästhesist an den Augusta-Krankenanstalten zählt zum Stamm der Revier-Mediziner, die im Missionshospital von Jalta Menschen Hilfe leisten, die diese Hilfe sonst nie in Anspruch nehmen könnten: Kindern mit klaffenden Lippen-Kiefer-Gaumenspalten; Frauen, die nach Verbrennungen durch explodierende Kerosinkocher Höllenqualen durchleiden; Männer, die mit entstellten Gliedmaßen ein erbarmungswürdiges Leben fristen.

2007 hat der Rotary-Club Hattingen das „Jalna-Projekt“ gegründet. Es dokumentiert, was das weltweite Rotary-Netz zu leisten vermag: Der Leiter der Klinik in Jalna ist ein Rotarier; der Club in Hattingen stand Pate, als ein Partner und Geldgeber für die Fortführung des 2004 begonnenen Hilfseinsatzes benötigt wurde.

700 Kilogramm Material

Seither werden aus Spenden und Erlösen jährlich 20.000 Euro aufgebracht, um ein Team nach Indien einfliegen zu lassen. Bis zu zwölf Chirurgen, Anästhesisten und Pfleger u.a. des EvK Hattingen, der Bochumer Augusta-Klinik und des Bergmannsheils opfern dafür einen Teil ihres Jahresurlaubs. Um Flugkosten zu sparen, wird das 700 Kilogramm schwere OP- und Verbandsmaterial auf das Privatgepäck verteilt. „Wir selbst brauchen nicht viel. Wir stehen ja fast ständig am OP-Tisch“, berichtet Dr. Detlef Cramer (Musikfreunden bekannt als Keyboarder Deff in der Popband „Fritz Brause“).

Zu Fuß, mit Bussen, Pferdekarren und Mopeds legen die Kranken bis zu 500 Kilometer zurück. Die Klinik in Jalna ist inzwischen ausreichend ausgestattet, um die Eingriffe erfolgreich vorzunehmen. Zwölf Stunden und mehr dauern die Arbeitstage. 150 Operationen in zwei Teams werden in den zwei Wochen bewältigt. Die Bevölkerung steht zur Seite: Ein Steuerberater lässt die Arbeit ruhen und kümmert sich rührend um die Patienten.

Neue Lebensperspektive

Das Ruhrgebiets-Team hat sich auf die Behandlung von so genannten Hasenscharten bei Kindern spezialisiert. „Je früher der Eingriff erfolgt, desto besser“, weiß Dr. Cramer. Als „furchtbar“ und „bei uns nicht vorstellbar“ beschreibt er die Missbildungen, die Kinder und Erwachsene durch Kontraktionen nach Verbrennungen, Unfällen oder Schlangenbissen davontragen. „Bei diesen Patienten müssen wir meist in jedem Jahr neu operieren, um eine nachhaltige Besserung zu erreichen.“

Über 1000 Inder haben durch die Rotary-Hilfseinsätze eine neue Lebensperspektive erhalten. Dr. Cramer macht weiter: „Was wir dort tun, macht wahrhaft Sinn.“

Der nächste ärztliche Hilfseinsatz in Indien erfolgt vom 17. Februar bis 6. März. Spenden für die Arbeit der Helfer können auf das Konto des gemeinnützigen Vereins „Rotary Hattingen hilft e.V.“ eingezahlt werden: Kontonummer 20 60 11 bei der Sparkasse Hattingen (BLZ 430 510 40).

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