Bochum. Phillip Rosenberg ist noch bis Ende Januar zu Gast im Bochumer Variete et cetera. Im WAZ-Gespräch berichtet der Amerikaner über das nicht immer einfache Leben als Artist.

In vielen größeren Ruhrgebietsstädte gibt es heute ein Varieté. Umherziehende Wanderzirkusse hingegen werden immer seltener. In einer Zirkusmanege durfte früher nur auftreten, wer aus einer angesehen Zirkusfamilie kam. In den Varietés sind heute junge Künstler zu Gast, die keiner Artistenfamilie entstammen, sondern sich bewusst für diesen Beruf entschieden haben. So wie der Handstand-Artist Phillip Rosenberg. Der aus San Francisco stammende Künstler wirkt noch bis zum 29. Januar in der aktuellen Show „BOscars“ im Riemker Varieté et cetera mit.

Phillips Eltern erkannten früh, dass es ihrem energiegeladenen Sohn viel Freude machte, zu turnen und durch die Luft zu wirbeln. Während seine Klassenkameraden aus der Grundschule nachmittags Fußball spielten, besuchte Phillip ab seinem siebten Lebensjahr fünfmal die Woche eine kleine Kinder- und Jugendzirkusschule um die Ecke. „Damals ging es um den Spaß“, erinnert der 25-Jährige sich. „Ich bin schon als Kind gerne aufgetreten und habe vor lauter Bewegungsdrang Saltos geschlagen.“

Völlig konzentriert

Was als ein Hobby anfing, wurde bald zur Leidenschaft. Als Rosenberg mit 18 Jahren die Highschool abschloss, stand für ihn fest, dass er eine künstlerische Laufbahn einschlagen wollte. Seine Eltern unterstützten ihn dabei – der Vater arbeitet als Fotograf und konnte die Passion seines Sohnes für die Kunst gut nachvollziehen. Phillip Rosenberg zog nach Montreal und besuchte eine der größten und besten Zirkusschulen der Welt. Dort erlernte er nicht nur die Grundlagen aller wichtigen Zirkusdisziplinen, sondern entdeckte auch seine Leidenschaft für Handstände. „Das Schöne an der Handstand-Akrobatik ist, dass eigentlich jeder zumindest mal versucht hat, einen zu machen“, erklärt der junge Künstler. „Das bedeutet: Mein Publikum weiß, wie schwer das ist, was ich auf der Bühne vorführe. Das finde ich wichtig“. Für ihn, betont Phillip Rosenberg, sei die Handstand-Akrobatik wie eine Art Meditation. „Ich bin dabei stets völlig konzentriert, immer auf der Suche nach der perfekten Balance.“

Die Balance spielt in Rosenbergs Leben eine wichtige Rolle. Obwohl der junge Künstler erst 25 Jahre jung ist, hat ihn seine Arbeit schon durch die ganze Welt geführt. Zwei Jahre lang schloss er sich einer kanadischen Zirkus-Kompanie an, den Seven Fingers, und ging mit ihnen auf Welttournee. „Wir waren nie länger als zwei, drei Wochen an einem Ort“, erinnert er sich. „In den kleineren Städten waren es meist sogar nur zwei, drei Tage.“ Eine unstete Art zu leben, die Kraft kostet. „Damals wurde mir schnell klar: So etwas kannst du nur mit Anfang zwanzig machen“, sagt er nachdenklich.

Ständige Selbstvermarktung

In den Jahren danach folgten kleinere Engagements. Ein paar Wochen in einem traditionellen Wanderzirkus oder, so wie jetzt, die Arbeit in Varietés. Dies, sagt er, bilde die absolute Gegen-Balance zu seinen vielen Reisen. Man sei zwei, drei Monate an einen Ort gebunden, trete fünf Abende die Woche auf, trainiere mittags und habe ansonsten frei. „Man hat auf einmal einen festen Wohnsitz und Zeit, wieder zu sich finden“, sagt der Artist.

Zu seinem Engagement in Bochum kam der Amerikaner durch Zufall. „Ich habe keinen Manager“, sagt Rosenberg. Die ständige Selbstvermarktung sei sein ständiger Wegbegleiter. Der eigene Ruf sei dabei das Wichtigste, denn engagiert wird nur, wer in Zirkuskreisen bekannt ist. „Natürlich schicke ich auch ständig DVDs von mir an Producer oder Companies“, sagt er. Aber die meisten Jobs bekomme man über private Kontakte. Facebook spiele eine wichtige Rolle - denn da ihn seine Engagements ständig in andere Länder führen, hat der Artist nicht einmal ein Handy. Somit ist er fast ausschließlich über E-Mail oder Facebook erreichbar.