Bochum. . Kunstwerke-Werfen war gestern, Matthias Schamp will aber sein “Situatives Brachlandmuseum“ auch 2012 betreiben. Angetreten war er, künstlerisch gegen einen Zaun zu intervenieren. Jetzt bespielt er das Gelände quasi offiziell. Eine hübsche Pointe.
„Ich bin von dem Erfolg überrollt worden“, sagt Matthias Schamp über seine Kunstaktion im Herbst diesen Jahres. Noch überraschender ist aber wohl die neueste Entwicklung, dass die subversive Aktion nun quasi im offiziellen Programm der Stadt Bochum auftaucht.
Kunstwerke geworfen
Doch von Anfang an: Nachdem weder seine Kritik noch seine konstruktiven Angebote in Hinsicht auf die innerstädtische Brache am Konrad-Adenauer-Platz bei der Stadt auf fruchtbaren Boden gefallen waren, hatte er zu einer künstlerischen Intervention gegriffen und das „Situative Brachlandmuseum“ eröffnet. Das geschah im Herbst mit der Performance „Kunstwerke werfen“. 50 durchaus namhafte Künstler haben dazu Werke beigesteuert, die in einer nicht angemeldeten Aktion über den kritisierten Zaun geworfen wurden. Der war von der Stadt Bochum errichtet worden, um ihrer Sicherungspflicht nachzukommen. Schamp wollte nicht hinnehmen, dass ihm und anderen das wildbewachsene Gelände nicht mehr zum Spazieren dienen sollte.
Das Arsenal des Künstlers
„Mir stand dann eben das Arsenal des Künstlers zur Verfügung“, skizziert er sein Vorgehen. „Es war ein Geschenk an die Stadt“, betont er immer wieder, gleichwohl verleugnet er nicht die archaischen, subversiven und vor allem provokanten Untertöne der Aktion. Das dafür vor allem nötige breite Medienecho erfreute den Künstler Schamp natürlich: Dass nach dem Diebstahl einer über den Zaun beförderten Skulptur, eines überdimensionalen grünes Gehirns, sogar die Bild-Zeitung groß berichtete, passte haargenau ins Konzept. Doch nicht nur der Boulevard stürzte sich aufs Thema, auch im renommierten „Kunstforum International“ fand sich die Aktion in Wort und Bild wieder. Einen zweitägigen Workshop über das Projekt hielt Schamp dann kürzlich an der Münchener Kunstakademie höchstselbst ab. Die eigentliche Zielscheibe der Aktion, der „Zaunbauer Stadt“, reagierte gar nicht, blieb ungerührt. Und führte den Ort sogar bei Stadtführungen lässig vor.
Ein Symposium in einem Zelt
Nun geht es aber weiter mit dem Brachlandmuseum. „Offenbar hat die Stadt mein Geschenk angenommen“, kommentiert ein zufriedener Matthias Schamp. Denn das Projekt „Situatives Brachlandmuseum Fortschreibung“ gehört zu den acht künstlerischen Bausteinen, die in der erfolgreichen Bewerbung der Stadt Bochum für den Wettbewerb „Ab in die Mitte! Die City-Initiative NRW“ stehen. Hiermit gewann die federführende Bochum Marketing für die Stadt 40000 Euro. Im Aktionszeitraum von Juni bis Oktober 2012 sollen vernachlässigte Plätze, Stadtbrachen und Restflächen unter Einbeziehung möglichst vieler Akteure bespielt werden.
Bochums neues Museum
Konkrete Aktionen stehen allerdings noch nicht fest, Schamp hat allerdings schon scharf konturierte Ideen. Allerdings: „Ein Kunstwerke-Werfen wird aber nicht noch einmal stattfinden“. Geplant ist von ihm aber eine künstlerische Öffnung des Geländes, womöglich mit Führungen (möglichst in Zusammenarbeit mit der Botanischen Gesellschaft) oder gar mit einem Symposium in einem Zelt. Auch eine Kooperation mit dem Konzeptkünstler und Münchener Kunstprofessor Res Ingold (bekannt für seine „ingold airlines“) ist bereits vereinbart.
Symbolische Erschließung
Angetreten war Schamp mit der Forderung, einen Schlüssel für das Gelände zu bekommen. Den scheint er nun symbolisch bekommen zu haben. Ironischerweise von denen, die ihm den realen Schlüssel verweigert hatten.