Urkomischer experimenteller Abend mit dem Künstler Matthias Schamp und dem Musiker Volker Wendland

Sabine Vogt

Volker Wendland wirbelt seine Schlagstöcke über zwei Becken und einen Karton. So langsam lullt das Schlagzeugsolo die Zuhörer ein. Da taucht aus einem Loch im Karton Matthias Schamp auf, ein weiteres Becken auf seinem gelben Schutzhelm. Und auch das wird übergangslos ins Solo einbezogen, während sich aus dem Mund des Künstlers ein Redeschwall ergießt. Eine Art Langgedicht, mal betörend, mal brüllend, mal wispernd. Semantisch schwere Kost für das Publikum am Mittwochabend im „Intershop” im Bermuda-Dreieck, das die „Schamp-Wendland-Maschine” in Betrieb erlebt.

Der Musiker Wendland (48) und der Performancekünstler Schamp (45) haben sich (einmalig) für dieses Experiment zusammengefunden, das beiden Bochumern viel abverlangt. Die Texte, Metaphern und sprachphilosophische Modelle medizinischer Körperreaktionen („seht die Metastasen rasen”), überschwemmen die Zuhörer, dringen ein und breiten sich aus. Die Phonetik ist unmittelbarer Bestandteil, weit mehr als bei Rezitationen üblich, unterlegt vom Schlag-Rhythmus.

Und weil Schamp ein Schalk ist, der weiß, wann er sein Publikum mit Unsinn erfreuen muss, schwebt plötzlich statt seines Kopfes ein Luftballon (mit aufgemaltem Gesicht samt Brille) aus dem Karton, bis er verzischt. Derweil peitscht er seinen Text weiter voran, unbeeindruckt davon, dass Wendland eine Phalanx batteriebetriebener Plüschtiere in Aktion setzt, die quiekend auf ihn zutapsen. Das Ganze sei „keine Comedy”, wie die beiden Freunde mehrfach betonen, und doch servieren sie Humor inmitten von Dadaismus, Lyrik und griechischer Mythologie.

Im zweiten Teil des Abends offenbarte Wendland seine Seelenpein, die er einst im Alter von 13 Jahren durchlitt: Er war unglücklich verliebt und vermochte seinem Schmerz künstlerisch Ausdruck zu verleihen. Er schuf ein Instrument aus einem kleinen Karton, den er mit Gummibändern bespannte und einem Bleistift darauf spielte: „Das hat etwas Klagendes”. In Erinnerung an die unerwiderte Liebe von Manuela Sch. (Name der Red. bekannt) trägt das kleine Instrument den Namen „Manuelaphon”, und dazu las er aus seinem damals verfassten Roman. „Ein naives Machwerk. Es ist eine Herausforderung, daraus zu lesen und mich der Peinlichkeit zu stellen”, erklärt er gegenüber der WAZ.

Im dritten Teil begibt sich Matthias Schamp dann wieder „auf die Dichterschiene”, barock-metaphorisch inspiriert. Er singt, er pöbelt, er kämpft, derweil Frauenbrüste ihm das Leben schwer machen. Schamps Ratschlag an Sisyphos: nicht länger den Stein den Hang hochrollen, sondern sich durch den Berg fräsen.

Blixa Bargeld von den Einstürzenden Neubauten hätte an diesen Texten und der Performance seine helle Freude gehabt.