Bochum. .

Mit einer spektakulären Aktion hat der Bochumer Künstler Matthias Schamp ein Museum auf einer innerstädtischen Brache eröffnet. Zur Eröffnung des „Situativen Brachland-Museums“ wurden die Werke von 48 Künstlern im hohen Bogen über den Zaun befördert.

Bochum hat ein neues Museum: Das „Situative Brachland-Museum“ präsentiert bis zum 1. Oktober Kunst, die über den Zaun geworfen wurde. Über jenen Zaun, der am Konrad-Adenauer-Platz jene Brache umspannt, die einst zum Viktoria-Kreativquartier werden soll.

Der Bochumer Künstler Matthias Schamp initiierte das Kunstprojekt, an dem 48 teilweise sehr prominente Künstler aus ganz Deutschland beteiligt sind. Die Kunstwerke, die am Sonntag unter großem Medienandrang im hohen Bogen flogen, waren keine Reste aus dem Keller. Drauf besteht Schamp. Jeder Künstler hat sich mit dem Ort beschäftigt und einen Zugang gefunden. Und so klatschen Objekte mit Idee und Konzept nach kurzem Flug in den Matsch.

Kunst muss die Realität hinterfragen

Hintergrund des auf den ersten Blick etwas skurrilen Geschehens ist die schon lange anhaltende kritische Beschäftigung Schamps mit dem Zaun. Wie die WAZ berichtete, hielt Schamp die teure Errichtung des Zauns für überflüssig. Nachdem er in offenen Briefen dagegen protestiert hatte, wählte er nun den Weg der künstlerischen Intervention. „Die Frage stellt sich nicht, ob Kunst das darf, sondern ob Kunst das muss“, formulierte er vor gut 150 Zuschauern am Zaun. „Ich finde, Kunst muss Realität hinterfragen“. Dann flogen nicht die Fetzen, sondern unter großem Applaus die Kunst.

48 Künstler stellen Werke für das ungewöhnliche Projekt zur Verfügung. Foto: Gero Helm / WAZ FotoPool.
48 Künstler stellen Werke für das ungewöhnliche Projekt zur Verfügung. Foto: Gero Helm / WAZ FotoPool. © Gero Helm

Schamp hat das Projekt bis zum Schluss geheim gehalten, die Stadt wurde nicht eingeweiht. Es gibt entsprechend keine Erlaubnis vom Ordnungsamt. Erst am Freitag und Samstag war die in monatelanger Vorlaufzeit entstandene Aktion vor allem über das Internet öffentlich beworben worden.

Geniale Dilettanten und Hubschrauber-Bildhauerei

Beteiligt sind viele namhafte Künstler. Einer ist etwa Wolfgang Müller, Begründer der legendären Band „Die tödliche Doris“ und Hauptprotagonist der „Genialen Dilettanten“ einer wirkmächtigen Kunstrichtung aus dem Berlin der 80er Jahre.

Eine der spektakulärsten Aktionen kam vom Bochumer, jetzt Kölner Künstler Gilbert Geister. Er warf seine Kunst nicht, sondern setzte einen roten Farbflecken per ferngesteuertem Mini-Hubschrauber über der Brache ab. „Hubschrauber-Bildhauerei“.


Irgendwann konnten dann auch alle Zuschauer mitmachen: Documenta-8-Teilnehmer Jürgen O. Olbrich hatte 21 Holzkühe nebst fünf „satter Grünflächen“ - monochrom - erschaffen, die die Brache erobern sollen. Zitat dazu: „Die Welt im Kleinen trifft auf die Welt im Großen“. In den folgenden Wochen wird Matthias Schamp Führungen veranstalten, um die Exponate noch einmal in intimeren Rahmen zu erläutern. Und wirklich: Über diese Aktion wird noch viel geredet werden.