Bochum. . Im Gedenken an die Toten lagen noch Kränze vor dem Mahnmal „Trauernde Mutter“, als drumherum die Stände des Weihnachtsmarktes eröffnet wurden, direkt daneben eine mittelalterliche Saufbude.

Hat sich etwas verändert rund um die „Trauernde Mutter“ an der Pauluskirche? Wir berichteten und kommentierten, dass ein Getränkeausschank des Mittelaltermarktes unmittelbar neben der Gedenkstätte für die Opfer der Nazi-Verbrechen teils empörte Reaktionen auslöst. Die Würde des Kunstwerkes von Gerhard Marcks sei durch das feierträchtige Umfeld zerstört, lautete der Vorwurf eines WAZ-Lesers.

Die Kritik ist den Machern des ansonsten wunderschönen mittelalterlichen Marktes keineswegs egal. Das zeigt eine neu gespanntes Seil um den Standort der „Trauernden“, das die Gehwegseite ausspart. So erhält die Skulptur zumindest symbolisch einen Raum, der sie vom fröhlichen Treiben trennt. „Wir möchten nicht als pietätlos gelten, insbesondere weil wir als Mittelalterverein Geschichte lebendig darstellen wollen“, sagt Frank Pfetzing, Projektleiter des Mittelaltermarktes.

Eine trauernde Frau aus Stein steht am Freitag, 25. November 2011 in Bochum auf dem Weihnachtsmarkt in der Nähe der Pauluskirche zum Gedenken an die Opfer von Gewalt und krieg in der Zeit von 1933 bis 1945. Foto: Ingo Otto / WAZ FotoPool
Eine trauernde Frau aus Stein steht am Freitag, 25. November 2011 in Bochum auf dem Weihnachtsmarkt in der Nähe der Pauluskirche zum Gedenken an die Opfer von Gewalt und krieg in der Zeit von 1933 bis 1945. Foto: Ingo Otto / WAZ FotoPool © Ingo Otto / WAZ FotoPool

Der Name der kritisierten Hütte „Allerlei Sauferei“ könne missverständlich rüberkommen. „Das Wort ,Sauferei’ klingt heutzutage sicher etwas derb, aber im Mittelalter war das normale Umgangssprache“, so Pfetzing.

„Erst am 1. Advent“

Die Reaktionen der Betreiber von außerhalb sind bemerkenswert, verantwortlich aber für die Planung des Weihnachtsmarktes und somit Verursacher des Ärgernisses ist Bo-Marketing. Geschäftsführer Andreas Kuchajda betont, dass der Umgang mit Denkmälern ein ständiger Diskussionsprozess mit allen politischen Fraktionen der Stadt sei. Niemand habe das Denkmal „bösartig zugestellt, sondern es wurde ein Freiraum gelassen“, sagt Kuchajda. Die Kritik am Getränkestand neben der „Trauernden Mutter“ werde künftig sicher in die Debatten mit aufgenommen. Zudem findet er, dass dieser Aufschrei reichlich spät komme. „Ich würde mir wünschen, dass ein Denkmal nicht politisch instrumentalisiert wird, sondern bestimmte Dinge vorher kritisch hinterfragt werden, z.B. schon beim Aufbau“, so Kuchajda weiter.

Die Planung des Weihnachtsmarktes werde mit der Pauluskirche abgestimmt, sagt Pastorin Heike Lengenfeld-Brown. So seien auch die Abstände zur „Trauernden Mutter“ immer wieder Thema. „Im Mittelalter gruppierten sich die Geschäfte eng um die Kirche. Dieses historische Bild wollen wir greifbar machen. Und die Großstadt ist eben eine Lebenswelt der Gegensätze“, so Lengenfeld-Brown.

Für die Pastorin ist weniger der Standort des Getränkeausschanks das Problem, sondern der Zeitpunkt des Aufbaus. Der rechte Moment sei eben nicht, wenn die Trauerkränze noch in frischer Blüte liegen. „Wir sagen eigentlich immer wieder zur Stadt und auch zu Bochum Marketing, dass der Weihnachtsmarkt erst am ersten Advent beginnen sollte, weil vorher eben diese Phase der Trauer ist. Das würde die ganze Sache entzerren“, so die evangelische Pastorin. Sie vermutet, es spielten da wohl andere Faktoren eine Rolle.