Bochum. .
„Es ist ein richtig tolles Gefühl, wenn man anderen Menschen helfen kann“, findet Svetlana Michailova (30), „ich bekomme da immer Gänsehaut“. Die hat sie allerdings auch, weil es mittlerweile empfindlich kalt draußen ist und sie gemeinsam mit ihrer Kollegin Masrin Mohamed (51) auf die Straßenbahn wartet. Ihre roten Schals – ihr Erkennungszeichen als Stadtteilmütter – flattern im Herbstwind. Fünf Tage in der Woche sind die beiden Frauen in Querenburg oder Goldhamme unterwegs – bei jedem Wetter.
Heute geht es in die Kindervilla Stahlhausen der „Ifak“ - ein Kindergarten mit einem hohen Anteil Zugewanderter. „Unsere Arbeit fängt beim Vermitteln an“, berichtet Mohamed, viele der Eltern sprechen nur sehr schlecht Deutsch. „Ohne die beiden wäre die Verständigung mit einigen frisch eingewanderten Familien fast unmöglich“, sagt Songül Civi, die stellvertretende Leiterin.
"Die Menschen bauen schnell Vertrauen auf"
„Die Menschen bauen schnell Vertrauen zu uns auf“, berichtet Mohamed, „wahrscheinlich, weil wir selber mal in ihrer Situation waren“. Vor 15 Jahren ist die Kurdin aus dem Nordirak nach Deutschland gekommen. In ihrer alten Heimat war sie Lehrerin, hat ein abgeschlossenes Psychologie-Studium – in Deutschland war es trotzdem schwierig, einen Job zu bekommen. Dabei spricht sie neben Deutsch zwei weitere Sprachen: Arabisch und Kurdisch in verschiedenen Dialekten. Die sechsmonatige Beschäftigung als Stadtteilmutter ist für sie nicht nur eine weitere Chance, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, sondern auch ein ideales Betätigungsfeld: „Sowohl meine Sprachkenntnisse, als auch die Psychologie sind hier sehr gefragt“, so Mohamed.
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"Ich will im sozialen Bereich arbeiten"
Michailova kam vor zehn Jahren aus Estland in die Bundesrepublik – sie spricht Russisch, Deutsch und Estnisch. Zwei Jahre Jura hat sie in dem baltischen Staat studiert, mittlerweile ist für sie klar: „Ich will im sozialen Bereich arbeiten“. Seit sie in Deutschland lebt, hat sie zahlreiche Maßnahmen beim Jobcenter gemacht und VHS-Kurse belegt, um sich fortzubilden. Trotzdem: „Diese Arbeit ist ein Glücksfall“, freut sie sich, „es ist gut, wenn man fühlt, dass man gebraucht wird“.
Vor Arbeit können sich die Stadtteilmütter kaum retten. Neben Besuchen in Kindergärten helfen sie beim Ausfüllen von Anträgen, Behördengängen und machen Hausbesuche. Klar, dass da nicht immer alles rosig aussieht. „Gerade bei Hausbesuchen erlebt man oft Dinge, die einen berühren“, gibt Michailova zu. Da gehe es oft um Erziehungsfragen und viel Überzeugungsarbeit sei nötig. „Meistens sind die Menschen aber froh und dankbar, dass wir ihnen helfen“, erklärt Mohamed.
Sie gehen in ihrer Arbeit auf
Mittlerweile wollen die beiden Stadtteilmütter ihr roten Schals und die weißen Taschen gar nicht mehr ablegen. „Wir überlegen schon, ob wir nach den sechs Monaten ehrenamtlich irgendwie weiter machen können“, berichten sie. Man könne ja nicht einfach die Menschen im Stich lassen, ergänzt Michailova.
Beide gehen sichtlich in der aktuellen Arbeit auf: Um immer erreichbar zu sein, haben sie sich sogar extra ein Arbeitshandy gekauft und überall verteilen sie fleißig Visitenkarten. Beide sind sich einig: „Die Stadt braucht Stadtteilmütter“.