Bochum. .

„Wie kann Bochum die Finanzkrise meistern?“, fragte die WAZ-Redaktion Bochum vor kurzem. Die Leser schlugen vor, das Personal im Rathaus um 20 Prozent zu senken: Dasselbe will jetzt auch die Kommunalaufsicht.

Als hätten sich WAZ-Leser und die Kommunalaufsicht in Arnsberg abgestimmt. Ihr gemeinsamer Vorschlag, unabhängig voneinander, sieht einen personellen Kahlschlag im Rathaus vor: 20 Prozent der Stellen seien überflüssig, schrieben uns Leser. Das sieht die Kommunalaufsicht offenbar ebenso. „Die Vorschläge gehen genau in diese Richtung, 20 Prozent weniger über die nächsten zehn bis 12 Jahre“, bestätigte Stadtkämmerer Dr. Manfred Busch.

Damit würden über 1200 Stellen wegfallen, denn bei der städtischen Gesamtverwaltung sind 6 188 Menschen beschäftigt. Um sie zu bezahlen, muss die Stadt Bochum im nächsten Jahr 246,6 Millionen Euro überweisen - und damit rund ein Viertel der gesamten Jahreseinnahmen in Höhe von 1,004 Milliarden Euro.

RWE-Aktien verkaufen

Einige Leser schlugen vor, die Stadt soll ihre RWE-Aktien verkaufen und damit die Schulden senken. Das würde die Zinslast spürbar senken.

Dazu die Zahlen: Der Schuldenstand zum 31. Dezember 2010 betrug 1, 379,5 Milliarden Euro, gedeckt von (aktuell) 1,55 Milliarden Euro Eigenkapital. Die Pro-Kopf-Verschuldung liegt bei 3667 Euro pro Einwohner. Im nächsten Jahr ein zusätzliches Defizit von bis zu 70 Millionen Euro, die

Der Bochumer Anteil an RWE-Aktien ist laut Stadtkämmerer Busch „gut 300 Millionen Euro“ wert, dient außerdem zum Teil zur Kreditsicherung für den 50prozentigen Anteil an der Gelsenwasser AG. Ein Verkauf der RWE-Aktien, von SPD und Grünen strikt abgelehnt und von CDU und FDP seit Jahren gefordert, bietet sich zur Zeit eher nicht an, weil kein Spitzenpreis zu erzielen wäre. Der Kurswert der RWE-Aktien sank wegen der Energiewende und zusätzlicher Steuerbelastung.

Steuern erhöhen

Gewerbesteuer und Grundsteuer erhöhen: Das fordern einige Leser und die Linkspartei im Rat. CDU und FDP sind strikt dagegen, auch SPD und Grüne können sich damit nicht anfreunden. Grund: Die Hebesätze für das Jahr 2012 bei Grundsteuer B (550 v.H.) und Gewerbesteuer (480 v.H.) sind ohnehin schon relativ hoch, eine weitere Erhöhung könnte Familien davon abhalten, in Bochum zu bauen. Und eine Erhöhung der Gewerbesteuer birgt die Gefahr, dass Firmen abwandern oder erst gar nicht kommen. Dies wird seit Jahren im Rat diskutiert.

Töchter verkaufen

Vom Eigenkapital der Stadt Bochum in Höhe von 1,55 Milliarden Euro liegen rund 1,4 Milliarden Euro bei den städtischen Tochtergesellschaften, vor allem bei den Bochumer Stadtwerken. Hier wurde bereits der Kurs eingeschlagen, die Töchter zugunsten der „Mutter“ Stadt stärker zur Kasse zu bitten. Dies gilt für Stadtwerke, Sparkasse, Entsorger USB und für die Wohnungsgesellschaft VBW, eventuell auch für die Entwicklungsgesellschaft Ruhr (EGR), die u.a. die städtischen Parkhäuser betreibt sowie Technologiequartiere entwickelt und betreut.

Kultur rupfen

Weg mit der „Fidelbude“, kommt öfter als Leserforderung. Gemeint ist das geplante Musikzentrum, das für rund 30 Millionen Euro am Standort Marienplatz/Viktoriastraße gebaut werden soll. Die Finanzierung geschieht bei Realisierung überwiegend durch EU- und Landesmittel sowie durch Spenden.

Bei den Kultureinrichtungen Museum, Stadtarchiv und Planetarium sind bereits Einsparungen bzw. Preiserhöhungen erfolgt. Angedacht ist eine Absenkung der Zahl der Ausstellungen. Im Schauspielhaus klafft eine Unterdeckung von 750 000 Euro jährlich. Politischer Mehrheitswille ist, keine der Einrichtungen zu schließen.

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Von DerWesten

Service einschränken

Durch Reduzierung der Öffnungszeiten der städtischen Bäder will die Stadt sparen, doch etliche Leser sind dagegen. Zurückgenommen durch die Politik wurde der Beschluss, die Öffnungszeiten der Bürgerbüros zu reduzieren. Hier könnte effektiver gearbeitet werden, kritisierten Leser.

Sponsoring beenden

Mehrfacher Leservorschlag, meist mit Hinweis auf die Millionen Euro, die die Stadtwerke dem VfL Bochum gewährt. In einer ersten Tranche zahlten die Stadtwerke 7,5 Mio Euro, verteilt auf fünf Jahre. Der Vertrag wurde auf weitere Jahre verlängert, die Höhe der Zahlung hängt davon ab, in welcher Liga der VfL spielt. Im Gegenzug firmiert das Ruhrstadion weiter als Rewirpowverstadion, wirbt damit für die Energiemarke der Stadtwerke.

Auch das Engagement der Sparkasse für das Spitzenradrennen Sparkassen Giro ist manchen Lesern ein Dorn im Auge, macht anderen allerdings viel Freude, weil das Spektakel kostenlos ist. Hinweis: Auch viele Vereine, soziale Gruppen, Künstler und Initiativen (Kemnade International, Zeltfestival Ruhr etc.) profitieren vom Sponsoring durch Sparkasse und Stadtwerke.