Bochum. . Bochums Grüne reagieren mit Selbstkritik auf die Schelte des ADFC, der den Zustand des Radwegenetzes kritisiert hatte. 2011 wurden schon mehr als 75 Radfahrer im Verkehr verletzt.

Dienstag, 16. August, 18.50 Uhr: Eine 40-jährige Autofahrerin fährt auf der Sommerdellenstraße in Wattenscheid rückwärts aus einer Hauseinfahrt auf die Fahrbahn und übersieht dabei eine 62 Jahre alte Radfahrerin. Die ältere Dame stürzt und verletzt sich am linken Arm und an der linken Hüfte leicht. Das Verkehrskommissariat ermittelt.

Unfälle wie diese gehören – leider – zum Alltag einer Großstadt. Im ersten Halbjahr dieses Jahres registrierte die Polizei 75 Unfälle, an denen Radfahrer beteiligt waren (davon 6 schwer Verletzte), 2010 war es in den ersten sechs Monaten ein Unfall weniger (12). „Die Zahlen stagnieren“, sagt Polizeisprecher Guido Meng.

Ist das eine gute Nachricht? Oder könnten es nicht doch weniger sein, wenn unsere Stadt bessere Radwege hätte? Der ADFC-Vorsitzende Klaus Kuliga jedenfalls behauptet: „Kein Radweg in Bochum ist sicher!“ Die kommunalen Politiker betrachteten Radwegeplanung als „Resteverwertung“ (die WAZ berichtete).

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Aus dem Herzen gesprochen

Der Allgemeine Deutsche Fahrrad Club scheint seiner Klientel aus dem Herzen zu sprechen. Das jedenfalls zeigen die vielen Leser-Reaktionen zum Thema (Seite 2). Und auch die grüne Ratsfraktion stimmt dem ADFC in vielen Punkten zu. „In Bochum wird man heute noch belächelt, wenn man sich engagiert für Radwege einsetzt“, sagt Fraktionschef Wolfgang Cordes.

Aufgerüttelt durch den Bericht dieser Zeitung diskutierten die Grünen die aktuelle Radwegesituation in Bochum – und räumen selbstkritisch ein: „Im täglichen Klein-Klein ist uns das Thema verloren gegangen.“ Dabei sei Radfahren ein Zukunftsthema. „Zunehmendes Umweltbewusstsein, hohe Spritpreise und ein sinkendes Rentenniveau werden dazu führen, dass immer mehr Leute aufs Rad umsteigen, weil sie sich gar kein Auto mehr leisten können“, sagt Cordes.

Dringenden Handlungsbedarf sehen die Grünen im Bereich des erweiterten Bochumer Zentrums. Cordes: „Innerhalb von dreieinhalb Kilometern wohnen so viele Menschen, gute Radwege wären eine große Chance für Bochum. Daher ärgert mich auch der Widerstand des Einzelhandels und der IHK so sehr.“

Klar sei aber auch, dass die Forderungen des ADFC nicht eins zu eins umzusetzen seien. Die Grünen wollen das Thema künftig wieder stärker auf ihre politische Agenda setzen und eine regelmäßige Berichterstattung der Verwaltung zum Ausbau des Radwegenetzes einfordern. „Schließlich wissen wir den Stadtbaurat auf unserer Seite.“

Schwerer Parcours

Radweg an der Karl-Friedrich-Straße in Weitmar Mark. Foto: Gero Helm / WAZ FotoPool.
Radweg an der Karl-Friedrich-Straße in Weitmar Mark. Foto: Gero Helm / WAZ FotoPool. © Gero Helm / WAZ FotoPool
Radweg an der Kemnader Straße in Stiepel. Foto: Gero Helm / WAZ FotoPool.
Radweg an der Kemnader Straße in Stiepel. Foto: Gero Helm / WAZ FotoPool. © Gero Helm / WAZ FotoPool
Radweg an der Karl-Friedrich-Straße in Weitmar Mark. Foto: Gero Helm / WAZ FotoPool.
Radweg an der Karl-Friedrich-Straße in Weitmar Mark. Foto: Gero Helm / WAZ FotoPool. © Gero Helm / WAZ FotoPool
Radweg an der Kemnader Straße in Stiepel. Foto: Gero Helm / WAZ FotoPool.l.
Radweg an der Kemnader Straße in Stiepel. Foto: Gero Helm / WAZ FotoPool.l. © Gero Helm / WAZ FotoPool
Radweg an der Markstraße, zwischen Königsallee und Unistraße. Foto: Gero Helm / WAZ FotoPool.
Radweg an der Markstraße, zwischen Königsallee und Unistraße. Foto: Gero Helm / WAZ FotoPool. © Gero Helm / WAZ FotoPool
Radweg an der Markstraße, zwischen Königsallee und Unistraße. Foto: Gero Helm / WAZ FotoPool.
Radweg an der Markstraße, zwischen Königsallee und Unistraße. Foto: Gero Helm / WAZ FotoPool. © Gero Helm / WAZ FotoPool
Radweg an der Markstraße, zwischen Königsallee und Unistraße. Foto: Gero Helm / WAZ FotoPool.
Radweg an der Markstraße, zwischen Königsallee und Unistraße. Foto: Gero Helm / WAZ FotoPool. © Gero Helm / WAZ FotoPool
Radweg an der Viktoriastraße. In Fahrtrichtung stadtauswärts holpert der Radfahrer über Baumwurzeln und geflicktes Pflaster. Foto: Karl Gatzmanga / WAZ FotoPool
Radweg an der Viktoriastraße. In Fahrtrichtung stadtauswärts holpert der Radfahrer über Baumwurzeln und geflicktes Pflaster. Foto: Karl Gatzmanga / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
In Fahrtrichtung stadtauswärts holpert der Radfahrer über Baumwurzeln und geflicktes Pflaster. Foto: Karl Gatzmanga / WAZ FotoPool
In Fahrtrichtung stadtauswärts holpert der Radfahrer über Baumwurzeln und geflicktes Pflaster. Foto: Karl Gatzmanga / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
Radweg an der Viktoriastraße. In Fahrtrichtung stadtauswärts holpert der Radfahrer über Baumwurzeln und geflicktes Pflaster Bochum, Foto: Karl Gatzmanga / WAZ FotoPool
Radweg an der Viktoriastraße. In Fahrtrichtung stadtauswärts holpert der Radfahrer über Baumwurzeln und geflicktes Pflaster Bochum, Foto: Karl Gatzmanga / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
Radwege hier Vierhausstraße Ecke Herner Straße. Hier endet der Radweg an der Kreuzung und der Radfahrer muss sich seinen Weg über Bürgersteig oder Straße suchen. Foto: Karl Gatzmanga / WAZ FotoPool
Radwege hier Vierhausstraße Ecke Herner Straße. Hier endet der Radweg an der Kreuzung und der Radfahrer muss sich seinen Weg über Bürgersteig oder Straße suchen. Foto: Karl Gatzmanga / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
Radwege hier Vierhausstraße Ecke Herner Straße .Hier endet der Radweg an der Kreuzung und der Radfahrer muss sich seinen Weg über Bürgersteig oder Straße suchen.  Foto: Karl Gatzmanga / WAZ FotoPool
Radwege hier Vierhausstraße Ecke Herner Straße .Hier endet der Radweg an der Kreuzung und der Radfahrer muss sich seinen Weg über Bürgersteig oder Straße suchen. Foto: Karl Gatzmanga / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
Radwege hier Vierhausstraße Ecke Herner Straße. Hier endet der Radweg an der Kreuzung und der Radfahrer muss sich seinen Weg über Bürgersteig oder Straße suchen. Foto: Karl Gatzmanga / WAZ FotoPool
Radwege hier Vierhausstraße Ecke Herner Straße. Hier endet der Radweg an der Kreuzung und der Radfahrer muss sich seinen Weg über Bürgersteig oder Straße suchen. Foto: Karl Gatzmanga / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
Hier wird der Radweg an der Schloßstraße, Ecke Hattinger Straße durch Altglascontainer verdeckt.  Foto: Monika Kirsch / WAZ FotoPool
Hier wird der Radweg an der Schloßstraße, Ecke Hattinger Straße durch Altglascontainer verdeckt. Foto: Monika Kirsch / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
Radweg an der Hattinger Straße zwischen Haus Weitmar und City.  Foto: Monika Kirsch / WAZ FotoPool
Radweg an der Hattinger Straße zwischen Haus Weitmar und City. Foto: Monika Kirsch / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
Hier der Radweg Gerther Straße, der in schlechtem Zustand sein soll.  Foto: Monika Kirsch / WAZ FotoPool
Hier der Radweg Gerther Straße, der in schlechtem Zustand sein soll. Foto: Monika Kirsch / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
Hier der Radweg Gerther Straße, der in schlechtem Zustand sein soll.  Foto: Monika Kirsch / WAZ FotoPool
Hier der Radweg Gerther Straße, der in schlechtem Zustand sein soll. Foto: Monika Kirsch / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
Radweg an der Frauenlobstraße. An der Bushaltestelle wird es besonders eng und gefährlich für Radfahrer, zudem ist die Straße so schmal, dass die meisten Autofahrer auf dem Radweg fahren.  Foto: Monika Kirsch / WAZ FotoPool
Radweg an der Frauenlobstraße. An der Bushaltestelle wird es besonders eng und gefährlich für Radfahrer, zudem ist die Straße so schmal, dass die meisten Autofahrer auf dem Radweg fahren. Foto: Monika Kirsch / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
Zugeparkter Radweg am 16.08.2011 auf der Dorstener Straße.  Foto: Monika Kirsch / WAZ FotoPool
Zugeparkter Radweg am 16.08.2011 auf der Dorstener Straße. Foto: Monika Kirsch / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
Zugeparkter Radweg am 16.08.2011 auf der Dorstener Straße.  Foto: Monika Kirsch / WAZ FotoPool
Zugeparkter Radweg am 16.08.2011 auf der Dorstener Straße. Foto: Monika Kirsch / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
Radweg an der Frauenlobstraße, Höhe Hiltroper Kirche. An der Bushaltestelle wird es besonders eng und gefährlich für Radfahrer, zudem ist die Straße so schmal, dass die meisten Autofahrer auf dem Radweg fahren.  Foto: Monika Kirsch / WAZ FotoPool
Radweg an der Frauenlobstraße, Höhe Hiltroper Kirche. An der Bushaltestelle wird es besonders eng und gefährlich für Radfahrer, zudem ist die Straße so schmal, dass die meisten Autofahrer auf dem Radweg fahren. Foto: Monika Kirsch / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
Radweg an der Frauenlobstraße, Höhe Hiltroper Kirche. An der Bushaltestelle wird es besonders eng und gefährlich für Radfahrer, zudem ist die Straße so schmal, dass die meisten Autofahrer auf dem Radweg fahren.  Foto: Monika Kirsch / WAZ FotoPool
Radweg an der Frauenlobstraße, Höhe Hiltroper Kirche. An der Bushaltestelle wird es besonders eng und gefährlich für Radfahrer, zudem ist die Straße so schmal, dass die meisten Autofahrer auf dem Radweg fahren. Foto: Monika Kirsch / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
Radweg an der Kemnader Straße in Stiepel. Foto: Gero Helm / WAZ FotoPool.
Radweg an der Kemnader Straße in Stiepel. Foto: Gero Helm / WAZ FotoPool. © Gero Helm / WAZ FotoPool
Radweg am Castroper Hellweg . Der Radweg ist schmal und es kommt zu Behinderungen durch Laternen, die auf dem Radweg stehen. Foto: Monika Kirsch / WAZ FotoPool
Radweg am Castroper Hellweg . Der Radweg ist schmal und es kommt zu Behinderungen durch Laternen, die auf dem Radweg stehen. Foto: Monika Kirsch / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
Radwege in Bochum. Radweg am Castroper Hellweg .Der Radweg ist schmal und es kommt zu Behinderungen durch Laternen, die auf dem Radweg stehen. Foto: Monika Kirsch / WAZ FotoPool
Radwege in Bochum. Radweg am Castroper Hellweg .Der Radweg ist schmal und es kommt zu Behinderungen durch Laternen, die auf dem Radweg stehen. Foto: Monika Kirsch / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
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Den Genossen Ernst Kratzsch zu erwähnen und den Koalitionspartner SPD nicht – das spricht natürlich Bände und erläutert die Aussage, wer sich für Radwege stark mache, gerate dauernd in Konflikte. Cordes: „Wir haben dabei nie das Gefühl, eine Mehrheit zu vertreten.“

Differenzen in den Sichtweisen

Die Interessen aller Verkehrsteilnehmer zu vertreten, das sieht Susanne Düwel als ihre Pflicht an. „Daher gibt es zwischen ADFC und uns auch durchaus Differenzen in den Sichtweisen“, sagt die Abteilungsleiterin im Tiefbauamt. „Uns geht es nämlich nicht nur um geübte und schnelle Radfahrer, sondern auch um die Oma oder Kinder, die radeln und um den Individualverkehr und den ÖPNV“

100 000 Euro steckt die Stadt Bochum jährlich in den Bau neuer Radwege, 120 000 Euro in die Sanierung vorhandener. „Und überall dort, wo Straßen neu gemacht werden, versuchen wir Radwege zu bauen“, sagt Düwel. Außen vor sind allerdings Tempo-30-Zonen. Das Bochumer Straßennetz ist 1000 Kilometer lang, „sieben bis zehn Prozent“ davon werden von Radwegen begleitet.